Bundesrat Stenographisches Protokoll 718. Sitzung / Seite 94

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qualitative Verbesserung gegenüber einer einseitig bei den Ländern, nach anderen Vorstellungen einseitig beim Bund anzusiedelnden Generalkompetenz bringt, wobei dann die konkreten Verfassungsbestimmungen gewissermaßen die Ausnahmen sind. Ein Drei-Säulen-Modell, das klar zuordnet, was zu den Bundesangelegenheiten oder Länderangelegenheiten gehört, und einen Teil der Aufgaben, insbesondere auch die Generalkompetenz, in eine dritte Säule hinüber begleitet, wo dann im Prinzip die Länder entscheidungs- und aktionsberechtigt sind, wo es aber in einem komplexen Verfahren, wo der Bundesrat eine zentrale Rolle spielen könnte und sollte, im Interesse der Einheitlichkeit der Politik Ausnahmebestimmungen zu Gunsten zentralstaatlicher Regelungen geben könnte und sollte.

Das Prinzip ist unbestritten, aber nicht das, was in den einzelnen Körbchen ange­sammelt werden soll. Ich habe nicht die Absicht, hier einen Kompetenzkatalog vorzu­bringen. Das Einzige, was in diesem Zusammenhang anzumerken ist – da möchte ich dem Kollegen Schennach ausdrücklich widersprechen, und zwar auf zwei Ebenen –, ist die Frage der angeblich so notwendigen Steuererhebung durch die Länder. Die Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes war ein Argument, das quer durch den Konvent nicht nur verständlicherweise von den Vertretern der Wirtschaftskammern vertreten wurde, sondern von vielen Konventsmitgliedern. Es ist wirklich nicht vorstellbar, dass wir unterschiedliche Wirtschaftsbedingungen in einzelnen Regionen des Landes schaf­fen, dass wir mit eigenen Steuermodellen den Ist-Zustand an regionalem Reichtum gewissermaßen einfrieren und nur oben ein bisschen Zuckerguss draufstreuen, und – ganz am Rande erwähnt – jedem Landespolitiker nicht die Verantwortung für seine Aufgaben aufhalsen, sondern die zittrige Entscheidung, ob ich tatsächlich dem Land etwas Gutes tue, wenn ich mehr Mittel einsammle; was gleichzeitig heißt, dass ich den regionalen Wirtschaftsstandort massiv benachteilige.

Ich glaube nicht, dass das eine gute politische Lösung ist! Ich glaube, dass unser bestehendes System dem gegenüber große Vorteile hat. Dass naturgemäß – wie hieß das bei den Buben, als es noch „Gstätten“ gab? „Schütze läuft!“ – derjenige, der einen Bereich politisch zu verantworten hat, in diesem Fall auch für die finanzielle Abdeckung dieser Aktivitäten vorzusorgen hat, erscheint mir zutiefst logisch.

Der Finanzausgleich ist kompliziert genug. Das System der rundum, neben, unter und über dem Finanzausgleich hin- und hergereichten Ausgleichszahlungen ist noch um einiges komplexer. Da bezweifle ich, ob es einen gibt, der sich generell und umfassend für alle Bundesländer auskennt. In jedem Bundesland gibt es hoffentlich zumindest einen; davon bin ich überzeugt. (Bundesrat Schennach: Seitenabsprachen!) – Selbst­verständlich! Ein solches System lädt auch dazu ein! Ich halte das nicht für gut, nicht für fair und nicht für demokratisch; ganz einfach.

Das Arbeitsergebnis des Konvents ist heute dort angelangt, wo es letztlich auch hinge­hört: im parlamentarischen Raum. Verfassungsgesetzgeber, und zwar nicht im Sinne eines Exekutors eines Textes, der anderswo bestimmt wurde, muss das Parlament in beiden seiner Kammern sein. Ich habe – das stehe ich nicht an, hier zu betonen – mit Freude persönlich in seiner Rede vor dem Konvent und in den seither stattgefundenen Kontakten die Bereitschaft von Präsident Khol erfahren, dass hier gemeinsam gear­beitet werden soll und nicht der Bundesrat am Ende des Prozesses wieder zum Abnicken oder Kopfschütteln befragt wird.

Ich wiederhole einen Satz am Schluss meiner Ausführungen, den ich am vergangenen Freitag im Konvent gesprochen habe. Frau Bundesministerin Gehrer hat in ihrer Stellungnahme – erstaunlicherweise – den bekannten Philosophen Ernst Bloch zitiert: Wir – Bloch hat das nicht für die Gesamtgesellschaft gemeint, aber soll sein – sollten in den Erfolg und nicht in das Scheitern verliebt sein. – Zitatende.

 


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