Bundesrat Stenographisches Protokoll 718. Sitzung / Seite 93

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vor Augen und schließe mit einem Zitat von Günter Grass: Erst wenn wir aufgeben, den Stein am Fuß des Berges liegen lassen, wenn wir nicht mehr Sisyphus sein wol­len, erst dann wären wir verloren. – Zitatende.

Wir dürfen das Ziel einer großen Staatsreform und einer Stärkung des Bundesrates nicht aufgeben. Wir werden den Stein nicht liegen lassen. Wir werden erfolgreich sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.23

 


Präsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Professor Konecny. – Bitte.

 


14.23.38

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Meine Damen und Herren! Es ist ein guter Anlass, über den Versuch dieser Republik zu sprechen, sich eine neue Verfassung zu geben oder zumindest neue Elemente in ihre Verfassung hineinzugeben, wenn sowohl der Präsident des Bundesrates als auch der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz einen so großen Teil ihrer Ausfüh­rungen diesem Thema widmen.

Ich glaube, wir sollten eingangs drei Dinge festhalten: Erstens ist eine von A bis Z neue Verfassung ein qualitativer Schritt. Wir sollten aber nicht übersehen, dass der Konvent in seiner Arbeit eine Fülle von unmittelbar umsetzbaren Materialien angesammelt hat. Es wäre in vielen Bereichen schade, dieses Material liegen zu lassen – vielleicht ver­rottet es auch ein bisschen –, bevor man es Wirklichkeit werden lässt.

Ich kann daher die Meinung des Präsidenten Jabloner nur teilen, der sagt: Dinge, bei denen sich im Rahmen der Beratungen, im Konvent und in den politischen Debatten, herausstellte, dass größtmögliche Einigkeit besteht, sollten auch im Zuge von Verfas­sungsnovellen Wirklichkeit werden. Ich sehe nicht ein, warum bis zur endgültigen Klä­rung der Kompetenzverhältnisse zwischen Bund und Ländern die Landesverwaltungs­gerichte auf ihre Umsetzung warten sollten. Das ist jetzt möglich – nicht heute, aber in einigen Wochen und Monaten. Ich glaube, dass wir diese Verfassungsgrundlage als ein wichtiges Rechtsschutzinstrument für die Bürgerinnen und Bürger gerade in den Ländern heute im Zuge einer Novelle der bestehenden Verfassung verwirklichen und nicht warten sollten, bis wir eine andere, neue Verfassung haben.

Das Zweite, ein Beispiel dazu: Es stellte sich als erstaunlich unproblematisch heraus, die unzähligen in Einzelgesetzen verstreuten Verfassungsbestimmungen einzusam­meln, aufzulisten – und dann zu überlegen, wie man sie in der Stammurkunde einer Bundesverfassung unterbringen könnte. Ehrlich gesagt, ich hätte das als schwieriger eingeschätzt, als es sich in der Realität der Konventsarbeit herausstellte. Auch da sage ich: Wenn wir Wert darauf legen, eine Vereinheitlichung des Verfassungsrechtes in einer Verfassungsurkunde mit ganz wenigen Begleitgesetzen anzustreben, dann sollte dieses aufbereitete Material möglichst rasch in die Form vielleicht eines Verfassungs­begleitgesetzes, wo alle notwendigen – viele sind wahrlich nicht notwendig – Bestim­mungen zusammengefasst, beschlossen und in die Realität umgesetzt werden.

Ich glaube, das Träumen von der Lösung, die alles bringt, kann nur dazu führen, dass das, worüber wir uns fachlich und politisch einig sind, auf einen sehr späten Tag ver­schoben wird. Natürlich ist die Zentralfrage jeder Bundesverfassung die Abgrenzung der Aufgaben – ich habe kein Problem damit, auch das Wort „Macht“ dabei zu verwenden – zwischen den unterschiedlichen Trägern und Akteuren in diesem Fall und, im Fall eines Bundesstaates, zwischen den Bundesländern und dem Zentralstaat.

Es gehört auch zu den – in dem Fall nicht unmittelbar anwendbaren – positiven und ziemlich unstrittigen Ergebnissen des Konvents, dass eine Drei-Säulen-Lösung eine


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