Bundesrat Stenographisches Protokoll 720. Sitzung / Seite 124

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Aufhebung der Verurteilung. Eine Rehabilitierung, von welcher weder die entehrten, bestraften und verfemten Personen wissen noch das für die Rehabilitierung zuständige Bundesministerium für Justiz und schon gar nicht die Öffentlichkeit, ist in diesem Sinne – das wird hier festgestellt – keine Rehabilitierung. Die unmittelbar nach dem Kriege beschlossenen Gesetze stellten bestenfalls den Versuch dar, den zu Unrecht Verurteilten Gerechtigkeit zu erweisen. Der österreichische Gesetzgeber ging in seinem Entschließungsantrag aus dem Jahr 1999 jedoch davon aus, dass bisher die Rehabilitierung nicht erfolgt ist. Insofern gilt es, dieses Thema weiter zu verfolgen, zu forcieren.

Bei diesem Symposion ist auch ein Statement abgegeben worden, das wie folgt lautet: Es wird an das Bundesministerium für Justiz appelliert, seiner gesetzlichen Ver­pflichtung ohne Verzug nachzukommen und Gerichtsbeschlüsse herbeizuführen, mit denen festgestellt wird, dass die Verurteilung der namentlich dem Ministerium bekann­ten Opfer als nicht erfolgt gilt. Nur diese individuelle Feststellung durch die öster­reichischen Gerichte stellt eine wirkliche Wiederherstellung der Rechte und Ehre dieser Personen dar, wie sie vom österreichischen Gesetzgeber bereits vor 59 Jahren beschlossen wurde. – Genau das wurde in dieser Form festgehalten.

Weil das eine ganz sensible Materie ist und auf Ersuchen von einigen Bundesräten und Bundesrätinnen der ÖVP, die uns mitteilten, dass Ihnen der Entschließungsantrag und dessen Inhalte derart wichtig seien, dass Sie an sich überlegen, mitzustimmen und sich anzuschließen, sich jedoch eine unterschiedliche Rechtsauffassung zwischen den einzelnen Klubjuristen und Klubs ergeben hat, haben wir uns dazu entschlossen, dass wir diese Rechtslage gemeinsam überprüfen und gemeinsam versuchen werden, eine Position zu finden.

Wir haben das Wort und die Zusage des Klubobmannes Bieringer, dass es beim nächsten Bundesrat als Selbständiger Entschließungsantrag auf die Tagesordnung kommt. Ich denke, es ist wichtig, dass es zu einer tragfähigen Basis für alle hier vertretenen Fraktionen kommt, und in diesem Sinne wird dieser Antrag in dieser Form zurückgezogen. Ich hoffe auf eine konstruktive Arbeit in dieser Causa und beim nächs­ten Bundesrat. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

17.56


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile ihm das Wort.

 


17.56.18

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geschätzter Herr Präsi­dent! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich Ihnen, Frau Bundesministerin, für die Beantwortung der heutigen Dringlichen Anfrage einmal sehr herzlich danken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, die Frau Bundesministerin hat mit rechtsstaatlicher Gründlichkeit und mit rechtsstaatlicher Vertretungsmöglichkeit die Beantwortung vollzogen. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden von der Naziherrschaft, wir reden vom Krieg, wir reden von der Nachkriegszeit, und es ist schon interessant, dass wir heuer, in dem Jahr, in dem wir gemeinsam feiern sollten, diese Problematik in den Mittelpunkt stellen. Sie ist vorhanden, wir tragen sie mit, und gerade heute habe ich festgestellt, dass wir, die Älteren unter uns, das ja miterlebt haben. Ich komme noch darauf zu sprechen, was ich miterlebt habe. Es ist bedenklich, dass man gewisse Zeiten nicht heranzieht, aber ich werde versuchen, zu Nachkriegszeit und Diktatur dann auch etwas zu sagen.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite