Bundesrat Stenographisches Protokoll 721. Sitzung / Seite 7

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Rechtsnachfolge der Europäischen Gemeinschaft und der bisherigen Europäischen Union an.

Die mit dem EU-Vertrag 1993 eingeführte Säulenstruktur wird abgeschafft. Die ver­schiedenen bisherigen Gemeinschaftspolitiken, die Gemeinsame Außen- und Sicher­heitspolitik sowie die polizeiliche Kooperation und justizielle Zusammenarbeit in Straf­sachen werden in einem einheitlichen rechtlichen und institutionellen Gefüge zusam­mengeführt. In einzelnen Punkten bleiben jedoch gewisse Unterschiede hinsichtlich der Handlungsformen und der Verfahren zur Erlassung von Maßnahmen in den verschie­denen Politikbereichen aufrecht. Sämtliche Übereinkünfte der Europäischen Union mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen werden nach einem einheitlichen Ver­fahren ausgehandelt und abgeschlossen.

Den vier Teilen des Verfassungsvertrages ist eine Präambel vorangestellt.

Teil I enthält unter anderem Bestimmungen über die Gründung, Ziele, Werte und Symbole der Union, Grundrechte und Unionsbürgerschaft, die Rechtspersönlichkeit, den Vorrang des Unionsrechts, die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten, die Organe und Einrichtungen, die Rechtsakte und Rechts­setzungsverfahren für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union, das demo­kratische Leben der Union, die Finanzen und die Zugehörigkeit zur Union ein­schließlich der Kriterien und Verfahren für den Beitritt zur Union sowie eine Bestimmung über den freiwilligen Austritt aus der Union.

Teil II enthält die – mit einigen Ergänzungen insbesondere in den „horizontalen“ Schluss­bestimmungen versehene – Charta der Grundrechte der Union.

Teil III ist der umfangreichste Teil des Verfassungsvertrags. Er enthält die Bestim­mungen über die Politikbereiche und die Arbeitsweise der Union. In weiten Teilen wer­den hier die Rechtsgrundlagen der geltenden Verträge übernommen. Die umfas­sendsten Neuerungen werden bei den Bestimmungen vorgenommen, die bislang die zweite und dritte Säule der EU regelten.

Teil IV enthält unter anderem Bestimmungen über die Aufhebung der früheren Verträge, die Rechtsnachfolge und die rechtliche Kontinuität im Verhältnis zur Euro­päischen Gemeinschaft und zur Europäischen Union, Übergangsbestimmungen für bestimmte Organe, die Bestimmungen über das In-Kraft-Treten, die Geltungsdauer sowie über das Verfahren bei künftigen Änderungen des Verfassungsvertrags.

Dem Verfassungsvertrag sind ferner 36 Protokolle und 50 Erklärungen, die gemäß Art. IV-442 Bestandteil des Vertrages sind, und Erklärungen beigefügt. Diese sind teilweise neu, zumeist aber an den Verfassungsvertrag angepasste Protokolle und Erklärungen zum EGV und zum EUV und deren Änderungsakten.

Der Vertrag über eine Verfassung für Europa gilt auf unbegrenzte Zeit und bedarf zum In-Kraft-Treten der Ratifikation durch alle Vertragsparteien gemäß ihren verfas­sungs­rechtlichen Vorschriften.

Die Genehmigung des Verfassungsvertrages erfolgt auf Grundlage des Bundesverfas­sungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages über eine Verfassung für Europa.

Danach haben sowohl der Nationalrat als auch der Bundesrat ihre Beschlüsse jeweils mit erhöhten Zustimmungs- und Anwesenheitsquoren zu fassen. Die Bezeichnung einzelner Vertragsbestandteile oder des ganzen Vertrags als „verfassungsändernd“ kann – abweichend von Art. 50 Abs. 3 letzter Satz B-VG – unterbleiben. Das zitierte BVG sieht jedoch vor, dass auf den Verfassungsvertrag die Bestimmungen des B-VG über Staatsverträge anzuwenden sind, soweit es nicht besondere Bestimmungen enthält.

 


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