Bundesrat Stenographisches Protokoll 721. Sitzung / Seite 28

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Verfassung eingeflossen. Der verbesserte Grundrechts- und Datenschutz wurde schon genannt. Ich erwähne weiters die Verankerung des Sozialgipfels für Wachstum und Beschäftigung – eine ganz wichtige Thematik, die auf unsere Initiative hin aufgenom­men wurde –; Verfassungsbestimmungen zur Energie, die ausdrücklich die Erhaltung und Verbesserung der Umwelt sowie die Förderung der Entwicklung neuer und erneuer­barer Energien hervorheben; den europäischen Tierschutz, ein Anliegen, das uns mehrfach in diesem Haus beschäftigt hat; die Verankerung der Preisstabilität als Verfassungsziel neben sozialer Marktwirtschaft, Vollbeschäftigung und Wirtschafts­wachstum; die Beibehaltung des Rotationssystems im Rat; weiterhin das Erfordernis der Einstimmigkeit in sensiblen, für den Bürger wichtigen Bereichen wie Wasser­versorgung, Bodennutzung et cetera. – Man könnte diese Liste noch fortsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluss noch eine persönliche Perspektive: Ich wurde im Jahre 1948 geboren. Mein Vater ist aus russischer Kriegs­gefangenschaft genau ein Jahr vorher nach Hause gekommen. Und wenn ich meine eigene Familiengeschichte durchforste, dann bin ich vier Generationen nachgefolgt: Mein Vater war sieben Jahre lang im Krieg und davon vier Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft; mein Großvater war ebenfalls zwei Jahre lang im Ersten Weltkrieg als Arzt in einem Lazarett tätig; mein Urgroßvater Isidor Kneifel ist in der Schlacht bei Königgrätz schwer verwundet worden; mein Ururgroßvater war auch in kriegerische Handlungen mit einbezogen. – Ich habe dann einfach aufgehört, denn es ist einfach entmutigend, wenn man solche Familiengeschichten – die in jeder einzelnen Familie, auch von Ihnen, vorkommen können – hört. Es ist entmutigend!

Und wenn die einzige Belustigung in einer Runde zu fortgeschrittener Stunde, wenn die Großfamilie zusammenkommt, darin besteht, dass der Großvater und der Vater über Schützengräben-Erlebnisse berichten, dann ist das keine Perspektive für unsere Jugend und schon gar nicht für Europa!

Dieser Vertrag ist ein Beweis und ein Dokument dafür, dass wir es anders machen wollen, dass wir aus der Geschichte gelernt haben, dass wir es besser haben wollen! Und wir haben diese Aufgaben gemacht, wir haben aus der Geschichte gelernt, und ich danke allen, die dabei mithelfen, dieses Vertragswerk auch mit Leben zu erfüllen, gemäß dem Motto: „Wir sind die Zeit“! Wenn wir gut sind, wird es auch gute Zeiten für Europa geben! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ und bei den Grünen.)

10.52


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Mag. Neu­wirth das Wort.

 


10.52.32

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Außenministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich erspare es Ihnen – und auch mir, ehrlich gesagt –, die vielen Unsinnigkeiten, Falschaussagen und Missinterpretationen zu kommentieren, die uns Herr Gudenus heute zuteil werden hat lassen. Ich bin überzeugt, die Zukunft wird zeigen, dass derartige Meinungen und Menschen bald Vergangenheit sein werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen in diesen letzten Tagen und Wochen vor der heutigen Ratifikation gegangen ist, aber bei mir sind jedenfalls unzählige Mails eingegangen, in denen ich aufgefordert wurde, einerseits gegen die Europäische Verfassung zu stimmen und mich andererseits für eine Volks­abstimmung einzusetzen. Ich habe diese Mails nicht einfach gelöscht. Ich habe mich bemüht, den Menschen darzulegen, warum ich als Mandatarin, als Bundesrätin mit großer Überzeugung für die Ratifikation dieser Europäischen Verfassung eintrete und


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