Bundesrat Stenographisches Protokoll 722. Sitzung / Seite 130

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Und was ist die Folge? – Das führt wieder dazu, dass man qualifizierte Arbeitskräfte durch unqualifizierte verdrängt und dass man von voll versicherten Beschäftigungsver­hältnissen zu prekären, nicht existenzsichernden Arbeitsverhältnissen kommt. 90 Pro­zent derer, die davon betroffen sind, sind Frauen!

Eine der Hauptkritiken ist die Zulässigkeit der Aneinanderreihung von befristeten Ket­tenverträgen. Damit schließt man die Beschäftigten von einer Reihe von arbeitsrecht­lichen Ansprüchen – so zum Beispiel Entgeltfortzahlung, Krankheit, Pflege, Urlaub und Abfertigung – aus.

Die Aneinanderreihung von Befristungen widerspricht auch der EU-Richtlinie über befristete Arbeitsverhältnisse. Die Judikatur zu Kettenarbeitsverhältnissen geht davon aus, dass eine sachliche Rechtfertigung im Einzelfall zu prüfen ist. Eine gesamte Bran­che an Beschäftigten – wie dieser Dienstleistungsscheck ja zusammengefasst wird – vom Verbot auszunehmen widerspricht diesem Prinzip der Einzelfallprüfung.

Am nächsten Punkt stelle ich meine Behauptung, dass es sich um ein einfaches, unbürokratisches Modell handelt, in Frage. Warum? – Vor der erstmaligen Entlohnung ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin darüber zu unter­richten, dass mit dem Dienstleistungsscheck nur Arbeiten entlohnt werden dürfen, die unregelmäßig durchgeführt werden.

Meiner Ansicht nach aber handelt es sich im Regelfall dabei, speziell bei haushalts­typischen Tätigkeiten, die jetzt genau in den Erläuterungen angeführt sind, und zwar: Reinigen der Wohnung oder des Hauses, des Geschirrs oder der Wäsche oder Garten­arbeit wie zum Beispiel Rasenmähen, um regelmäßige Tätigkeiten. Was bedeutet das in der Folge? Dürfen die Herrschaften, die diese Arbeiten verrichten, den Dienstleis­tungsscheck nicht übernehmen?

Ein weiteres Ziel des Dienstleistungsschecks ist die Bekämpfung der Schwarzarbeit. Der Arbeitgeber muss sich von der Arbeitsberechtigung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin überzeugen. Laut einer Mikrozensus-Sondererhebung dürften derzeit in etwa 400 000 Haushalten einmal oder mehrmals wöchentlich Haushaltsgehilfen ein­gesetzt werden. Offiziell – und das lassen Sie sich bitte auf der Zunge zergehen! – sind 3 500 voll versichert und 7 000 nur geringfügig beschäftigt. Nach meiner Hochrech­nung ergibt sich daraus eine Dunkelziffer von 389 500 Beschäftigten.

Da der Dienstleistungsscheck nur für Personen gilt, die auch zur Beschäftigung in Österreich berechtigt sind, kann man somit das Problem der Schwarzarbeit nicht lösen. Die illegale Ausländerbeschäftigung ist natürlich auch für den Arbeitgeber ein beson­derer Fall, den man sich auch anschauen muss. Bei der erstmaligen Übertretung ist der Arbeitgeber nur mittels Bescheid zu ermahnen, von einer Strafe ist jedoch abzu­sehen. Erst bei einer Wiederholung kann es zu einer Geldstrafe bis zu 200 € kommen. An der Situation der Schwarzarbeit wird dadurch aber nichts geändert.

Äußerst bedenklich ist meiner Meinung nach die fehlende Transparenz der Entloh­nungsbestimmungen. Da die Mindestlohntarife der Bundesländer die Basis für die Ent­lohnung sind, die je nach Tätigkeit variieren, ist für die ArbeitnehmerInnen nicht nach­vollziehbar, was sie pro geleistete Stunde zu erhalten haben. Es ist daher unabdingbar, auf dem Dienstleistungsscheck die Entlohnung und auch die Art der Tätigkeit anzufüh­ren, denn – noch einmal! – die Abgrenzung dorthin, wo es zu kontrollieren ist, ist nicht real.

Die einfache haushaltstypische Tätigkeit kann bis zur Geringfügigkeitsgrenze – und diese beträgt im Jahr 2005 323,46 € – abgewickelt werden. Und dann? – In der Regel werden diese Leute weiterhin schwarz bezahlt werden. Für die Arbeitnehmer handelt es sich nicht um ein unbürokratisches Modell. Sie müssen den Scheck, den sie vom


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