Bundesrat Stenographisches Protokoll 722. Sitzung / Seite 135

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Frau Bundesrätin Lueger! Sie haben gesagt, der Dienstleistungsscheck sei prinzipiell etwas Positives, aber in dieser Form nicht durchdacht, falsch et cetera. – Vielleicht wissen Sie es nicht, aber jener, der aus meiner Sicht als Erster in den letzten zwei, drei, vier Jahren hörbar den Terminus „Dienstleistungsscheck“ in die Diskussion ge­bracht hat, war nicht jemand, der hier im Saale sitzt, sondern Herr Dr. Gusenbauer, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei, und zwar in einem Koalitionsgespräch (Oh-Rufe bei der ÖVP) mit uns, und ist auch ... (Bundesrätin Bachner: Aber unter anderen Vorzeichen, Herr Minister!) – Bitte? (Bundesrätin Bachner: Das stimmt ja, was er sagt! Das kann man bestätigen! Aber unter anderen Vorzeichen! Das waren andere Vorzeichen!) Die Vorzeichen, sehr geehrte Frau Bundesrätin, haben Sie ja nie benannt. Sie üben Kritik, aber sagen nicht, wie Sie es besser machen wollen.

Ich konzediere, das ist ein Pilotprojekt, das ist ein Versuch. Eine Evaluierung wird uns zeigen, wie gut das ankommt. Es ist schon die Rede davon gewesen, dass diejenigen Arbeitgeber, diejenigen Haushaltsvorstände und -vorständinnen, die bisher mit einem ein wenig schlechten Gewissen haushaltsnahe Dienstleistungen schwarz honoriert ha­ben, in Zukunft diese Leistungen sehr, sehr leicht und mit gutem Gewissen in Anspruch nehmen können, und dasselbe gilt auch für die Arbeitnehmer. Im Übrigen: Zu sagen, dass qualifizierte Beschäftigung verdrängt wird, ist für mich absolut nicht nachvollzieh­bar.

Zu der Kritik von Frau Bundesrätin Konrad, dass hier keine Sozialversicherung vom Arbeitgeber bezahlt würde: Der sozialversicherungsrechtliche Rahmen zu den gering­fügig Beschäftigten stammt nicht von mir, sondern von einer sozialdemokratischen Vor­gängerin von mir. Auch dort bezahlt der Arbeitgeber lediglich die Unfallversicherung. Und wenn es um Kranken- und Pensionsversicherung geht, so gibt es ein Optionsmo­dell, das zu bezahlen erst ab eineinhalb Beschäftigungsverhältnissen ... (Zwischenruf der Bundesrätin Bachner.) – Ja, Sie wissen es, Frau Kollegin, das ist damals mit Frau Ministerin Hostasch vereinbart worden.

Wir haben uns nach der Begutachtung ganz bewusst sehr nahe an die sozialversi­cherungsrechtliche Umgebung der Geringfügig-Beschäftigten-Verhältnisse angenähert, um da möglichst wenig Neuland zu betreten. Also wir haben das dort schon, das ist keinesfalls etwas Neues, und das ist auch keinesfalls der Dammbruch in Richtung zu Sozialdumping.

Ich bin auch nicht der Auffassung, dass nur sozial besonders gut situierte Familien sich das leisten können. Das ist ein breiter Mittelstand. Der Nennwert des Dienstleistungs­schecks von 10 € ist ein Vorschlag, das heißt nicht, dass es für eine Stunde sein muss. In Wien ist das zwar der übliche Reinigungsfrauentarif, wie ich höre, aber das muss nicht so sein, sondern das sind dann die jeweiligen Mindestlohntarife. Sehr wohl sind dann Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Remuneration, all dies dann aufzuaddieren und kommt man trotzdem zum Beispiel mit 10 € pro Stunde deutlich über diese Grenze. Man bewegt sich also innerhalb des jeweiligen Mindestlohntarifs. Die sind leider Gottes in allen Bundesländern ziemlich verschieden, aber wir sind – was muss ich dem Bundesrat sagen? – ja Gott sei Dank ein föderal strukturiertes Land, und da gilt dann manches mal neun oder mal zehn.

Die Zulässigkeit von Kettenarbeitsverträgen ist breit diskutiert worden. Wir haben das geprüft. Wir sind der Auffassung, dass wir sehr wohl von der sachlichen Rechtfertigung und damit von der Ausnahmemöglichkeit in der EU-Richtlinie Gebrauch machen kön­nen. Wir sehen das nicht so wie Sie, sonst hätten wir diese Vorlage auch nicht ge­macht.

Besonders interessant ist, dass Sie zwar auf der einen Seite die Bürokratie kritisieren, sehr geehrte Frau Bundesrätin Lueger, aber dann zwei Zeilen weiter meinen, es seien


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite