Bundesrat Stenographisches Protokoll 723. Sitzung / Seite 41

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Wie andere NS-Amtsträger wurde Ihr Vater für zwei Jahre von der britischen Besat­zungsmacht interniert. Das Strafverfahren, das wegen dieser Denunziation gegen ihn angestrengt worden war, ruhte während dieser Zeit; nach seiner Freilassung wurde er jedoch dessentwegen angeklagt. Und die Akten beweisen das Gegenteil einer „Nazi­verfolgung“: Die zehnmonatige Freiheitsstrafe, zu der Ihr Vater verurteilt wurde, musste er nicht absitzen; sie galt als durch die Internierung verbüßt.

Ich ziehe nicht in Zweifel, dass für einen Achtjährigen, der gerade erst die Mutter ver­loren hatte, das plötzliche Verschwinden des Vaters ein traumatisches Erlebnis war. Wen aber, Herr Kampl, wollen Sie dafür anklagen?! – Jene, die selbstverständlich für eine gerechte Sühne für die Verbrechen der Nazi-Zeit – in allen ihren Abstufungen – zu sorgen hatten und damit auch für eine Bestrafung der einzelnen Täter, wie es eben auch Ihr Vater war? – Nein: Da müssen Sie sich schon, so schmerzlich das auch sein mag, an die wirklich Schuldigen halten: jene, die ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass Österreich nationalsozialistisch wurde, jene, die als große und kleine Rädchen diese Macht- und Gewaltmaschinerie in Betrieb gehalten haben!

Ich will nicht beurteilen, wie groß oder klein die Rolle Ihres Vaters dabei war, jedenfalls: Eine Rolle hat er dabei gespielt.

Ich sage sehr ehrlich dazu, dass ich in diesen letzten Wochen nicht nur sehr oft Trauer empfunden habe, sondern oft und oft auch – verzeihen Sie mir dieses harte Wort! – Ekel. Ekel nicht nur über die Meinungen, die geäußert wurden, sondern auch über die Begleitumstände.

Es kann ja nun wirklich keiner sagen, dass jene Partei, die Gudenus in den Bundesrat entsendet hat, diese seine Meinung nicht schon vorher gekannt hätte! Gudenus ist ein Wiederholungstäter! Und wie man solche Probleme lösen kann – ekelerregend, sage ich –, haben wir gesehen: Gudenus gehört der FPÖ nicht mehr an, aber nicht weil sie ihn hinausgeworfen hätte, sondern weil er ausgetreten ist, um seiner Partei „nicht zu schaden“. – So etwas nenne ich stille Kameraderie!

Das gilt auch für Sie, Herr Kollege Kampl: Ihre Partei wird doch wohl gewusst haben, wofür Sie stehen. Herr Landeshauptmann Haider wird doch gewusst haben, welche Auffassung jener Mann vertritt, von dem er sich 1986 in Innsbruck auf Schultern tragen ließ. Und auch Sie haben Ihre Partei verlassen, um ihr „nicht zu schaden“. – Dieselbe stille Kameraderie!

Ich wiederhole: FPÖ und nun BZÖ waren es, die diese beiden in den Bundesrat ent­sendet haben, obwohl sie wissen mussten, mit wem sie es da zu tun haben. Oder haben sie es vielleicht gerade deshalb getan? Das Doppelspiel, das da ablief, war ja wirklich der absolute Gipfelpunkt: Während die eilfertigen Distanzierungen und Bekun­dungen von Betroffenheit nur so aus den Medien tropften, haben führende Vertreter dieses politischen Lagers gleichzeitig ihre „Sympathie“, ihr „Verständnis“, ihre „Unter­stützung“ bekundet!

Da gibt es offenbar zwei Argumentationsebenen, zwei Zielgruppen, wie man heute sa­gen würde: für die große demokratische Öffentlichkeit eine ganz billige Distanzierung, für das kleine, aber offenbar für Jörg Haider unverzichtbare rechtsextreme Potential in Kärnten die emotionale Identifizierung.

Wenn ich von Ekel spreche: Es blieb dem Herrn Landeshauptmann Haider vorbehal­ten, in diesem Zusammenhang das wirklich hetzerische Bild von Frauen, die vor KZlern den Boden aufwaschen mussten, in die Welt zu setzen. Das ist Ekel erregend – abge­sehen davon, dass es lügenhaft ist.

Ich kann nicht umhin, an dieser Stelle daran zu erinnern, dass auch Herr Haider einen Vater hat und auch dieser eine Geschichte hat: ein Mann und eine Geschichte, die


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