Bundesrat Stenographisches Protokoll 723. Sitzung / Seite 47

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deshalb, weil er sich eine solche haus- und parteiinterne Ausgangslage weder subjek­tiv gewünscht noch objektiv verdient hat.

Aus all diesen Gründen werden wir dem politischen Willen der parlamentarischen Mehrheit, einschließlich unserer Nationalratsfraktion, nicht durch Contravoten entge­gentreten. Auf der anderen Seite werden Sie aber verstehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass ich persönlich nicht für ein Verfassungsgesetz stimmen kann, das ich aus den dargelegten Gründen für rechtsstaatswidrig halte.

Ich kann nicht hier im Parlament für etwas eintreten, gegen das ich mich der Art und dem Stil nach auf akademischem Boden, wie meine renommierten Kollegen des Ver­fassungsrechts, bewusst ausspreche. An diesem rechtsstaatlichen Credo festzuhalten, sollte mir zugebilligt werden. Was ich aber selbst nicht vertreten kann, darf ich wohl folgerichtig und billigerweise auch den Kollegen meiner Fraktion nicht zumuten. Sie hat sich daher aus eigener, von mir nicht beeinflusster verfassungs- und demokratiepoli­tischer Verantwortung dazu entschlossen, an der Abstimmung über dieses Sonderge­setz, die Lex Kampl, nicht teilzunehmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.04


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.05.01

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich vor zwei Monaten um 16.01 Uhr hier an dieses Rednerpult trat, um die Dringliche Anfrage betreffend Wehrmachtsdeserteure beziehungsweise dieses traurige Kapitel der öster­reichischen Politik nach dem Zweiten Weltkrieg darzustellen, hätte ich nie geglaubt, dass wir eine Diskussion über Monate erleben werden, eine Diskussion, die in poli­tische Niederungen abgleitet, die das Gedenkjahr bei Gott nicht verdient hat.

Es wäre schön gewesen, wenn wir heute eine Notmaßnahme, eine Notwehraktion hät­ten setzen können, denn seit jener Beratung über die Wehrmachtsdeserteure ist noch immer nichts geschehen, ist noch immer kein Konsens gefunden worden. Das hätte es verdient, dass eine Notwehrmaßnahme gesetzt worden wäre – aber nicht eine solche Debatte!

Kollege Böhm! Es geht hier nicht um juristische Auseinandersetzungen. (Bundesrat Dr. Böhm: Um rechtsstaatliche Fragen!) Ich werde darauf auch noch eingehen. – Aber wir können diese Debatte und diesen Beschluss nicht losgelöst von einer Debatte be­trachten, die es in diesem Land gegeben hat und die diese Institution, den Bundesrat, bis an den Rand der Lächerlichkeit geführt hat.

Meine Damen und Herren! Dass wir, dass der Nationalrat, der Kärntner Landtag und auch der Bundesrat eine Notwehrmaßnahme benötigen, ist nichts anderes, als dass man sich gegen die Oberhoheit des Gurker Stammtisches wehren muss, denn wenn die ganze Republik, vom Bundespräsidenten abwärts, appelliert, auffordert, beschließt, dass jemand die politische Verantwortung für untragbare Aussagen zu tragen hat, die Konsequenzen daraus zu ziehen hat, aber diese nicht zieht, weil die Freunde am Stammtisch sagen: Du bleibst hart, du bleibst, du gehst in das vierthöchste Amt des Staates!, dann muss es möglich sein, eine solche Notwehrmaßnahme zu setzen. Und sie muss gesetzt werden, denn die Republik kann nicht in diese Geiselhaft genommen werden. (Präsident Mag. Pehm übernimmt wieder den Vorsitz.)

Da geht es nicht um das private Befinden einer Person. Wenn schon der Kollege Hösele gesagt hat, der Präsident des Bundesrates vertritt sein Land und wird entsandt


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