Bundesrat Stenographisches Protokoll 723. Sitzung / Seite 49

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Tirol, ganz egal, wir wollen diesen Präsidenten oder diese Präsidentin aus diesen oder jenen Gründen nicht! Wir wollen es auch künftig nicht!

All die Diskussionen, die wir hatten, sind immer davon ausgegangen: Ja, das födera­tive Prinzip gilt, das vorsitzführende Bundesland bestimmt gemäß der Stärke den Prä­sidenten! – Aber es muss im 21. Jahrhundert doch möglich sein, der Zweiten Kammer der Gesetzgebung zumindest die Chance zu geben, sich zu äußern und einem Land zu sagen: Bitte, aus diesen oder jenen Gründen überlegt das oder jenes!

Auch Kärnten hat offensichtlich überlegt, wen es schickt, und dann ist irgendetwas passiert. Immer werden wir da sitzen und sagen: Wir können ja nichts machen!

Wenn man noch dazu die Praxis der Landeshauptleute betrachtet, die oft und vielfach quasi in der nächsten Umgebung Vertraute suchen, was auch richtig und manchmal gut ist, und es nicht unbedingt der Mehrheitswille eines Landtages ist, dann muss man sagen: Ja, bitte, machen wir doch eine Gesetzesänderung, die dem Land, der stärks­ten Partei des Landes selbstverständlich das Vorschlagsrecht lässt, aber die dem Bun­desrat künftig zumindest eine Möglichkeit in die Hände gibt, eine Meinungsäußerung zu tätigen oder einen Mechanismus auszulösen. Das aber passiert hier nicht!

Kollege Hösele! Nicht alles – und das ist die Regel Nummer eins im politischen Kate­chismus –, was die ÖVP ertrotzt, ist auch gut und ist auch sinnvoll. Sie wissen, wie die Diskussion war: Weitestgehend hätten sich drei Gruppierungen im Hohen Hause zu einer fortschrittlicheren Lösung gefunden, aber die ÖVP hat sich für diese Regelung ausgesprochen, die heute hier von uns allen beschlossen werden wird – aber nur des­halb in dieser Form beschlossen wird, um endlich einen Schlussstrich darunter zu ziehen, dass der Bundesrat mit Kampl oder Gudenus gleichgestellt wird, nur deshalb, damit es hier zumindest die Möglichkeit für eine Art Feuerwehraktion gibt. Das ist der Grund, warum es heute von zumindest drei Fraktionen beschlossen wird.

Kollege Böhm! Dass Sie jetzt hinausmarschieren, sehe ich als Flucht vor einer Verant­wortung, die Ihre Fraktion hier zu tragen hat. Wir alle sind hier seit zwei Monaten Gegeiselte von zweien Ihrer fünf Mitglieder.

Die größte Chuzpe – ich könnte auch Schmierenkomödie oder Farce sagen – ist, dass Sie in Ihrem Brief an uns alle geschrieben haben: Es ist der gemeinsame politische Wille aller fünf, eine gemeinsame Fraktion zu sein! – Ich halte das für eine Schmieren­komödie, sage ich Ihnen ganz offen und ehrlich.

Ich frage Sie: Wo ist hier eine Distanzierung? – Sie nehmen den Herrn Gudenus, der in Mauthausen vor den Fotos sagte: Die feschen Burschen!, mit fröhlichem Herzen und im Wissen all dessen in Ihre Fraktion auf und sind offensichtlich stolz darauf (Zwi­schenruf des Bundesrates Dr. Böhm), dass der Herr Gudenus noch Mitglied dieser Fraktion ist. Wenn Sie genug Mut hätten, dann würden Sie den Herrn Gudenus heute noch aus dieser Fraktion entfernen und nicht dazu an alle Fraktionen schreiben: Es ist der gemeinsame politische Wille, eine Fraktion zu sein! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es ist ein beredtes Zeichen, dass die Mitglieder Ihrer Fraktion hinausgehen und schweigen! Ich bin froh, dass es die Wiener Staatsanwalt­schaft anders sieht, und hoffe, dass es hier zu einer Verurteilung kommen wird. (Bun­desrat Dr. Böhm: Was hat das heutige Gesetz damit zu tun?) Wir reden hier politisch, Herr Kollege Böhm, falls Sie das noch nicht gemerkt haben, denn die Politik Ihrer Frak­tion führt nämlich zu dieser Gesetzesänderung. Es ist der Hintergrund, um den es geht, und es nicht die Gesetzesänderung, die im Vordergrund steht.

Ich bin froh und hoffe sehr und gehe davon aus, dass es zu einer Verurteilung des Herrn Kollegen Gudenus kommen wird, aber auch zu einem Disziplinarverfahren im


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