Bundesrat Stenographisches Protokoll 723. Sitzung / Seite 85

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dazu angetan ist, Teile von Gesetzen à la longue oder auf lange Zeit hinauszuschieben beziehungsweise sie nicht zur Wirkung kommen zu lassen.

Ich muss doch aber den Mut haben, lieber Kollege Bieringer, zu sagen: Ich ändere das Gesetz, wenn ich es so will! Aber es wird nicht gesagt: Lieber Herr Minister, die Reduk­tion ist an sich eine sinnvolle Sache – und lieber Kollege Bieringer, wir haben ja das­selbe Ziel, nämlich eine Verkürzung. Nur die Basis, auf der diese erfolgt, verursacht unsere Differenzen, dass wir zwei uns da jetzt streiten und Sie mich böse anschauen, als ob ich irgendetwas gestohlen hätte.

Ich habe nichts gestohlen (Bundesrat Bieringer: Das habe ich auch nicht gesagt!), aber ich möchte auch nicht, dass ein Verteidigungsminister in die Situation kommt, ein Gesetz per Weisung auf Dauer zu einem Teil nicht wirksam werden zu lassen. Und das ist das Bedenkliche – natürlich meiner Meinung nach. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Truppenübungen sind nämlich im Gesetz immer obligatorisch gewesen. Und diese obligatorischen Truppenübungen werden nun ausgesetzt. Das, lieber Kollege Baier – ich weiß nicht, wo du warst, wo du da dabei warst oder wie auch immer –, das ist die jetzige Debatte, und nicht das, was Kreisky oder Lütgendorf gemacht oder nicht gemacht haben. Das ist alles schön und gut, aber wir sind jetzt nicht in der Geschichts­forschungsabteilung, sondern es geht eigentlich darum: Was trennt uns? Und es trennt uns ja nicht die Ansicht – und deshalb hat es die Bundesheerreformkommission ja gegeben –, dass es gewisse Reduktionen – ich nehme einmal wieder Ihre „Bedro­hungslage“ – gebe.

Meiner Meinung nach könnten wir ganz andere Schritte gehen. Wir könnten ein wirklich schlagkräftiges und gutes, kleines Berufsheer mit einem Milizsystem und einer starken und gut ausgebildeten Truppe für internationale Einsätze festlegen. Das ist meiner Meinung nach das Ziel, auf das wir, die ganze Entwicklung unseres Bundesheeres, zumarschieren sollten, dass wir nämlich irgendwann von der allgemeinen Wehrpflicht und vom Präsenzdienst wegkommen und eine andere Diskussion führen: eine Diskus­sion über ein bestausgebildetes Berufsheer, mit dem ich auch internationalen Einsätze bestreiten kann und zu dem ich auch ein Milizsystem habe. Das ist, glaube ich, letztlich die Zukunft. (Präsident Mag. Pehm übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Änderung der Bedrohungslage würde eine Reduktion von fünf auf drei Brigaden rechtfertigen. Das allein ist mir, ehrlich gesagt, zu wenig.

Natürlich, es ist schon richtig, was Kollege Reisenberger gesagt hat: Da werden die obligatorischen Truppenübungen per Weisung um zwei Monate reduziert, und beim Zivildienst geht es auf einmal nicht! Und man kann es doch nicht dabei belassen, zu sagen: Günther Platter ist ein guter Typ, der macht das jetzt, solange er Minister ist; er lässt den jungen Menschen zwei Monate! – Er kann doch diese Weisung jederzeit widerrufen! Und es gibt so etwas wie Lebensplanungen, Überlegungen, wann möchte ich was und wie lange machen. Derartige Lebensplanungen sind derzeit fraglich.

Ich kann meinem 16-jährigen Sohn nicht sagen, wie lange er in vier Jahren Grund­wehrdienst leisten muss, weil ich nicht weiß, wie lange es erstens Günther Platter in der Regierung gibt und wie lange er zweitens beabsichtigt – nach Lust und Laune oder nach politischem Kalkül –, diese Weisung aufrechtzuerhalten. (Bundesrat Dr. Kühnel: Herr Kollege Schennach, was sind Sie für ein Tiroler? ...?) – Sie haben ein dringendes Fragebedürfnis, bitte, Herr Kollege Kühnel! (Bundesrat Dr. Kühnel: Sind Sie ein Tiro­ler? Dann müssen Sie das Wort eines Tirolers glauben! – Heiterkeit.) – Naja, im Prinzip haben Sie Recht, es gibt immer einen grundsätzlichen Vertrauensvorschuss, das ist richtig! Und den hat er auch.

 


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