Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 26

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wollten, während Kärnten das auch in seiner Geschichte immer wieder treue Bun­desland an der Seite Österreichs – auch in den schwierigsten Tagen – war und auch mit einem Referendum im Jahre 1920 überzeugend für den Verbleib Kärntens, vor allem des Südkärntner Teils, bei Österreich gestimmt hat.

Das war eine sehr entscheidende und wichtige Entwicklung für unsere Republik in den umstrittenen Zeiten nach Ende des Ersten Weltkrieges. Gerade dieses Ereignis, nämlich die Kärntner Volksabstimmung 1920, jährt sich heuer zum 85. Mal. Wir haben heuer das 85-jährige Jubiläum, sodass es sich gut fügt, dass ein Kärntner die Ehre hat, im Jubiläumsjahr unserer Volksabstimmung hier den Vorsitz zu führen, die zweite Kam­mer des Hohen Hauses zu leiten, und dass es meine Aufgabe sein wird, im nächsten halben Jahr als Landeshauptmann den Vorsitz in der Landes­hauptleute­konferenz zu führen.

Das auch vor dem Hintergrund, dass Kärnten ein Bundesland ist, das nicht nur in der geschichtlichen Tradition Österreich viel Freude gemacht hat – ich darf doch in Erinnerung rufen, mit welcher Begeisterung der Nationalrat und die österreichische Regierung nach dem erfolgreichen Referendum im Jahre 1920 nach Klagenfurt tele­graphiert und gesagt haben, diese Freude, diesen Sieg für den österreichischen Staatsgedanken werde man den Kärntnerinnen und Kärntnern nie vergessen.

So gesehen nehme ich an, dass Sie es dann und wann, wenn wir nicht immer einer Meinung sind, verstehen, dass das sehr spezifisch, durch unsere historische Situation bedingt ist, die wir noch immer sehr ernst nehmen und wo wir vor allem auch die Ereignisse der Jahre 1918/1920 als eine Art Vermächtnis in der Landespolitik auffassen, das nicht in Frage zu stellen ist.

Wir waren nicht nur vor 85 Jahren treu an der Seite Österreichs, sondern Kärnten hat auch im Jahre 1945 einen wichtigen Beitrag für die Freiheitsentwicklung der Republik geleistet. Ich darf daran erinnern, dass es, noch bevor die Besatzungsmächte, in unserem Fall die Engländer, in Kärnten einmarschiert sind, aus eigener Initiative der demokratischen Kräfte aus der Zeit der Ersten Republik zur Bildung einer demo­kratischen provisorischen Regierung kam – ein Vorgang, der dann auch bei den Staatsvertragsverhandlungen wesentlich war. Das heißt, bei den Verhandlungen in Moskau wurde das Kärntner Beispiel, dass man nicht von den Besatzern befreit wer­den musste, sondern dass die Kärntner aus Eigenem einen Akt der Befreiung gesetzt und die Rückkehr zur Demokratie ermöglicht haben, als wichtiges Argument für den österreichischen Sonderweg und den Staatsvertrag gebracht.

Auch das ist, glaube ich, wichtig, wenn man gerade in den letzten Wochen und Monaten sehr viel über Kärntner Bundesräte diskutiert hat und auch oft einmal ihre historische Position hinterfragt oder auch kritisiert hat.

Ich möchte dazu festhalten, dass all jene, die von unserem Bundesland in das Par­lament und in den Bundesrat entsandt worden sind, allesamt sehr, sehr ehrenwerte Persönlichkeiten sind, die in jeder Phase ihrer Entwicklung auf dem Boden der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und unserer Bundesverfassung stehen, und dass es sich hiebei um Persönlichkeiten handelt, die mitunter ein doch nicht ganz einfaches persönliches Schicksal zu tragen haben – so wie jeder in seinen Lebensrucksack eine Menge hineingepackt bekommt, mit dem der eine leichter, der andere schwieriger fertig wird.

Das sollte man auch zur Kenntnis nehmen, zumal ja gerade in unserem Bundesland nach 1945 der Weg zur Demokratie nur deshalb möglich war, weil auch ideologische Gegensätze beiseite geschoben, alte Feindschaften überbrückt wurden und Men­schen, die einander etwa in der Zeit des Nationalsozialismus noch als Feinde gegen­überstanden, gemeinsam am Verhandlungstisch saßen – der Ritterkreuz-Träger aus


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