Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 37

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Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Bundesrat Bieringer. Ich darf ihm dieses erteilen.

 


10.11.14

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Landeshauptmann! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mir heute bei der Erklärung des Landeshauptmannes von Kärnten erwartet, dass er zum Bundesrat selbst auch ein paar Worte sagt, dass er zum Bundesrat eine Stellungnahme abgibt, wo er doch am 30. Juni erklärt hat, dass es besser wäre, den Bundesrat in seiner jetzigen Form abzuschaffen oder ihn mit Vertretern der Landtage zu beschicken.

Ich halte ausdrücklich fest, dass Kärnten eines der wenigen, wenn nicht überhaupt das einzige Bundesland ist, das dezidiert in der Verfassung stehen hat, dass Abgeordnete zum Landtag nicht in den Bundesrat entsendet werden können.

Aber dennoch glaube ich, dass in Österreich auch ein gewisses Umdenken stattfinden soll, ein Umdenken, dass die Exekutivlastigkeit in diesem Lande zu Gunsten der Legislative verändert wird, dass die Legislative auch wieder dort das Sagen hat, wo sie es haben soll. (Beifall bei Bundesräten aller Fraktionen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Europa wurde vom Herrn Landeshauptmann zu Recht kritisiert, weil dort die Exekutivlastigkeit am meisten ausgeprägt ist. So, wie Europa das macht, möge es in Österreich niemals eintreten. Das, glaube ich, wird jeder Demokrat in diesem Land so sehen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte wieder auf den Bundesrat zu sprechen kom­men. Herr Landeshauptmann! Ich muss manchmal schmunzeln, wenn Vorschläge über den Bundesrat erstattet werden, denn ich glaube, dass viele nicht wissen, wovon sie reden, wenn sie den Bundesrat in den Mund nehmen.

Ich habe immer wieder gesagt, man möge – und das ist jetzt kein Vorwurf an irgendeine Partei, sondern das trifft alle, meine genauso wie die Sozialdemokraten; die Grünen weniger, weil sie noch nie in der Regierung waren –: Wenn Regierungs­über­einkommen geschlossen werden, wird automatisch der Bundesrat in dieses Regie­rungsübereinkommen hineingenommen. Das heißt, dass die Mitglieder des Bundes­rates quasi auch für diese Regierung und nicht zu ihren eigenen Aufgaben als Vertreter der Länderkammer stehen sollen.

Ich möchte das ausdrücklich anmerken, denn wenn man den Bundesrat so arbeiten lässt, wie es die Verfassung vorsieht und wie es in der Verfassung steht, dann halten wir auch internationalen Vergleichen stand. Und wenn ich Zweite Kammern vergleiche, muss ich feststellen, dass der Bundesrat der Republik Österreich im Vergleich etwa im Mittelfeld liegt, was Aufgaben und Rechte der Zweiten Kammern angeht.

So hat der Bundesrat ein absolutes Vetorecht bei Änderung der Kompetenzen zu Lasten der Länder durch Verfassungsgesetze, bei in einfachen Gesetzen enthaltenen Verfassungsbestimmungen und bei verfassungsändernden Staatsverträgen. Das, meine Damen und Herren, ist zweifelsohne ein wesentliches Merkmal der öster­reichischen Länderkammer. Dank dieses Vetorechtes – und das soll man ausdrücklich festhalten –, das keinen Beharrungsbeschluss des Nationalrates nach sich zieht, haben bei den Beratungen über die Rechte der Länder in Bezug auf die Mitgliedschaft bei der EU auch die Landeshauptleute eine starke Stellung.

Meine Damen und Herren! Die Forderung nach Abschaffung des Bundesrates ist nicht nur systemwidrig, sondern sie ist auch undankbar der Länderkammer gegenüber. Der


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