Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 57

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In Anschluss an die Erklärung der Frau Bundesministerin wird im Sinne des § 37 Abs. 5 der Geschäftsordnung entsprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf Bundesräten eine Debatte stattfinden.

Ich erteile der Frau Bundesministerin zur Abgabe der Erklärung das Wort.

 


11.33.53

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem 11. September 2001 ist uns allen klar, dass der internationale Terrorismus ein Hauptproblem für die Sicherheit der demo­kratischen Staaten geworden ist. Sein grausamer, sein zynischer Kampf gilt den Werten der gesamten zivilisierten Welt. Alle Kulturen und Religionen sind davon betroffen: New York, Djerba, Madrid, Istanbul, Beslan, Bombay und nunmehr Lon­don. – Das alles sind Beispiele für diese religions-, regions- und kulturübergreifende Feststellung.

Das Erste und Wichtigste, das wir als Lehre daraus ziehen müssen, heißt: Wir müssen unsere Zivilisationen gemeinsam schützen, um dem Terror mit vereinten Kräften den Boden zu entziehen, auf dem er wächst.

Österreich selbst stellt laut der Kenntnisse primär kein Ziel für Terroranschläge dar. Weltweit vernetzte terroristische Strukturen fordern aber, dass hier eine ständige intensive Beobachtung der Situation gegeben ist. Seit Jahren besteht das Bundesamt für Verfassungsschutz und ist im Bereich der Terrorismusbekämpfung tätig und aktiv. Insbesondere wird die Zusammenarbeit mit den Nachrichtendiensten unserer Partner in der demokratischen Staatengemeinschaft aufgebaut.

Als wesentliche Ergänzung muss sich Österreich insbesondere als kleines Land inten­siv an der Politik der Europäischen Union und auf internationaler Ebene gegen diesen Terrorismus beteiligen, denn unsere innere Sicherheit hängt ganz maßgeblich von der internationalen Situation ab.

Ich möchte im Namen des Innenministeriums einige Punkte aus unserer Sicht darstellen. Dem Austausch der Informationen und polizeilichen Daten zwischen den EU-Mitgliedstaaten kommt eine ganz besondere Bedeutung zu. Rechtzeitige Infor­mation und ein möglichst gutes Lagebild sind entscheidend, um Anschläge verhindern zu können.

Wir wissen aus England zum Beispiel, dass gerade in den letzten Jahren einige Anschläge verhindert werden konnten, weil diese Informationen geflossen sind. Zudem brauchen wir eine noch bessere Zusammenwirkung aller Einrichtungen auf euro­päischer Ebene, die sich mit der Terrorbekämpfung befassen.

Österreich hat schon vor den Anschlägen von Madrid Initiativen im EU-Rahmen gesetzt. Am 19. Februar 2004, also einen Monat vor den Geschehnissen von Madrid, hat mein Vorgänger, Dr. Ernst Strasser, ein Grundsatzpapier zur inneren Sicherheit im EU-Rat der Justiz- und Innenminister eingebracht. Darin wurden eine bessere Koor­dination, ein verbesserter Informationsaustausch, bessere Zusammenarbeit insbeson­dere der Nachrichtendienste sowie ein gemeinsames Lagebild auf Ebene der Europäischen Union gefordert.  – Das war damals gar nicht so selbstverständlich und gar nicht so akzeptiert. Heute ist das alles Teil der europäischen Strategie.

Weiters tritt Österreich für eine umfassende Terrorismusprävention ein, um den Ur­sachen der Radikalisierung und Rekrutierung entgegenzuwirken. Diesbezüglich war in den Gesprächen in London deutlich erkennbar, dass der große Schock, die große Erschütterung auch dadurch entstanden ist, dass man erkennen musste, dass die Terroristen nicht aus dem Ausland kamen, sondern Bürger Englands waren, unauffällig in einer normalen Mittelschicht tätig.

 


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