Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 65

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gestaltende Rolle übernehmen werden, um uns auf diesem Sektor weiterzubringen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.08


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


12.08.45

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich freue mich darüber, dass Frau Bundesministerin Prokop unsere Anregung, dieses Thema hier zu relevieren, so bereitwillig aufgegriffen hat. Ich freue mich auch, Herrn Staatssekretär Winkler hier in seiner neuen Eigenschaft begrüßen zu können; auch er hat zu diesem tatsächlich für unsere Lebenswirklichkeit so wichtigen Thema ein paar entscheidende Informationen gegeben.

Es ist notwendig, dass dieses Thema auch und gerade vis-à-vis der Öffentlichkeit thematisiert wird, und zwar ohne Panikmache, ohne Aufgeregtheit, aber mit viel Verantwortungsbewusstsein, denn es geht hier nicht darum – und niemand hat das auch nur ansatzweise getan, damit ich da nicht missverstanden werde –, Feindbilder zu skizzieren, sondern es geht – ganz im Gegenteil – darum, das Entstehen von Feindbildern zu vermeiden, weil Hysterie, Ausgrenzung – und das ist die Folge von Feindbildern – genau zu den falschen Resultaten führen würde.

Natürlich wäre es allen nach London, nach Madrid lieber gewesen, wenn die polizeilichen Arbeiten das Ergebnis erbracht hätten, dass es sozusagen durchreisende Aliens sind, die dafür verantwortlich wären. – Das ist jedoch nicht der Fall. In beiden Fällen handelt es sich um Menschen, die aus dem islamischen Kulturkreis einge­wandert, Staatsbürger oder nicht, aber jedenfalls lange in den betreffenden Ländern anwesend, in einer komplexen Entwicklung, die individuell durchaus auch noch nach­zurecherchieren ist, zum Terror gefunden und den Schritt, ihn auch auszuüben, getan haben.

Was immer die technischen Maßnahmen der Terrorbekämpfung, der Terrorverhin­derung und tragischerweise in Wirklichkeit primär der Terroraufklärung mit sich brin­gen: Genauso gefragt ist der Versuch, die Entwicklung der Träger des Terrors nachzuvollziehen, weil es da vermutlich eine Gemengelage von Motiven und Erfah­rungen gibt, wenn Menschen, die offensichtlich über lange Strecken ihres Lebens ganz an der Gesellschaft des Landes, in dem sie leben, teilgenommen haben, die also nicht von Eltern im kleinen Kämmerchen abgeschirmt und nur dem Imam vorgeführt gelebt haben, nein, die junge, lebensfrohe Menschen waren und unter dem Eindruck bestimmter Ereignisse – ich will gar nicht durch Mutmaßungen probieren, diese aufzuzeigen; aber die Frage einer Zurückweisung durch die aufnehmende Gesellschaft mag dabei in dem einen oder anderen Fall eine Rolle spielen – diesen verhängnis­vollen Weg eingeschlagen haben.

Wir sollten an dieser Stelle aber auch, wenn wir über dieses Thema sprechen, auch mit Trauer daran erinnern, dass jener Islam, der in seiner inneren Struktur der toleranteste war und der der europäischen Kultur am nächsten stand, vor zehn und mehr Jahren von einem wild gewordenen Nationalismus attackiert, durch Terror – anders kann man auch das nicht nennen – dezimiert und in vielen Fällen eben auch in eine Radikalität getrieben wurde. Ich beschäftige mich bereits seit langem mit diesem Thema – noch bevor es diese Entwicklung im ehemaligen Jugoslawien gegeben hat, bevor es Sre­brenica gab, war der bosnische Islam eine der möglichen Brücken zwischen Europa und seinen neuen islamischen Mitbürgern, weil diese alten islamischen Mitbürger, noch dazu des österreichischen Raumes, tatsächlich in einer für beide Seiten bemer­kenswerten Art und Weise integriert waren. – Dieser Prozess ist brutal gestört worden,


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