Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 78

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Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, ich warne Sie: Sie könnten heute im Irrtum abstimmen. Sie sind der Meinung – Sie sagen das immer öffentlich –, dass es mit diesem Gesetz keine Zwangsernährung gibt – es gibt sie; das wurde auch im Ausschuss klar und eindeutig festgehalten. Glauben Sie also nicht, dass Sie heute einer Gesetzesvorlage zustimmen, in dem keine Zwangsernährungsmaßnahmen vor­gesehen sind. Es wäre für Sie eine Abstimmung im Irrtum.

In diesem Sinne möchte ich Sie ersuchen, Ihre Position doch noch einmal zu überlegen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.07


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth. – Bitte.

 


13.07.25

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich selbst bin seit fast 20 Jahren mit aktiver Integrationspolitik beschäftigt, und zwar nicht nur in der Theorie, sondern auch ganz konkret in der Praxis. Ende der achtziger Jahre habe ich einige Jahre als Geschäftsführerin in der Familienberatungsstelle des Vereins „VIELE“ gearbeitet; ein Salzburger Verein, der sich die Integration ausländischer Frauen zum Ziel gesetzt hat.

Im Rahmen meiner Tätigkeit für diesen Verein habe ich im Jahre 1991, als der Jugoslawien-Krieg Tausende Flüchtlinge auch nach Österreich verschlagen hat, ein Flüchtlingshaus für Frauen geführt. Ihnen, meine Damen und Herren, heute zu erzählen, was ich dabei erlebt habe, würde bei weitem den zeitlichen Rahmen meiner Rede sprengen.

Auch heute noch bin ich Vorstandsmitglied in diesem Verein und in dieser Tätigkeit mit vielen, sehr vielen Einzelschicksalen vertraut. Sie können mir glauben, ich habe daher mit besonderem Interesse die Entwicklungen und die Diskussionen um dieses Gesetzespaket verfolgt, und ich muss ehrlich zugeben, ich konnte mir anfangs nicht vorstellen, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dem von den Regie­rungsfraktionen vorgelegten Vorschlag jemals zustimmen würden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute über das so genannte Fremden­rechtspaket sprechen, so dürfen wir nie vergessen, dass wir dabei über Menschen reden und Gesetze verabschieden, die das Leben dieser Menschen in positiver oder in negativer Richtung beeinflussen und ihre Zukunft maßgeblich mitbestimmen.

Die SPÖ steht seit jeher für kontrollierte Zuwanderung und für aktive und positive Integrationspolitik. Das ist auch der Grund dafür, dass sich die SPÖ nach dem ersten Regierungsentwurf massiv in diese Verhandlungen eingeschaltet hat, ging es doch darum, ein Asylgesetz durchzusetzen, das sehr wohl verfassungskonform ist, das der Menschenrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention entspricht, Asylmiss­brauch verhindert und vor allem das Asylverfahren beschleunigt, jenen aber weiterhin Schutz gewährt, die ihn tatsächlich brauchen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Speed kills!) – Von „speed“ kann da momentan keine Rede sein, bei 38 000 unerledigten Fällen, Kollegin! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die SPÖ hat es sich wirklich nicht leicht gemacht. Die heute vorliegenden Gesetze sind Kompromisse, und es gibt immer noch Punkte, denen wir lieber nicht zustimmen würden, wie zum Beispiel dem Integrationsteil und einigen anderen Einzelbestimmungen, aber leider gibt es im Bundesrat nicht die Möglichkeit, über einzelne Teile des Gesetzespaketes getrennt abzustimmen, und es gibt Bestimmungen, die wir von der SPÖ so sicher nicht vorgeschlagen hätten.

 


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