Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 79

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Es ist nur natürlich, dass ein solch umfangreiches Paket auch bei jenen, die heute hier ihre Zustimmung geben, Zweifel und Unsicherheit hervorruft, und es ist genauso verständlich, dass es persönliche Gründe und Überzeugungen einzelner Mandatarin­nen und Mandatare nicht zulassen, diesem Fremdenrechtspaket heute die volle Zustimmung zu geben.

Es ist wichtig, all diesen Meinungen mit Wertschätzung zu begegnen, denn sie sind Ausdruck eines ernsthaften Bemühens um Rechte für Menschen, die sich meist in einer verzweifelten Situation befinden und glauben oder geglaubt haben, dass sie in Österreich ein besseres Leben finden als in ihrer Heimat, woher auch immer sie kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die harten Verhandlungen der SPÖ haben ein Ergebnis gebracht, das in vielen Punkten durch diese Bemühungen der SPÖ ver­bessert wurde, weshalb das Gesamtpaket als positiv zu beurteilen ist. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Wo zum Beispiel?)

Wir gehen allerdings davon aus, dass an diesem Paket, Frau Ministerin, im Nachhinein von Ihrer Seite und von Seiten der Regierungsparteien nichts mehr verändert wird, denn das wäre für uns ganz sicher nicht akzeptabel! (Beifall bei der SPÖ. – Bun­desrätin Dr. Lichtenecker: Wo ist denn da eine Verbesserung?) – Frau Kollegin, ich komme in diesem Augenblick zu einigen konkreten Punkten, die ich Ihnen nun im Einzelnen hier darlegen werde.

Punkt eins: Die Asylverfahren werden beschleunigt. Das Bundesasylamt, also die erste Instanz, soll um etwa 120 Beamte aufgestockt werden. Die SPÖ hat sich außerdem mit ihrer Forderung nach 15 bis 20 zusätzlichen unbefristeten Asylrichtern für die zweite Instanz durchgesetzt. Durch diese bessere personelle Ausstattung werden die Asylverfahren mit Sicherheit rascher abgewickelt. Und das ist wirklich sehr, sehr wichtig, denn bereits nach wenigen Monaten wird den Menschen dann klar sein, ob sie zu Recht in Österreich Schutz suchen und finden oder ob sie dieses Land wieder verlassen müssen.

Darüber hinaus wurde durch einen einstimmig angenommenen Entschließungsantrag die baldige Schaffung eines eigenen Asylgerichtshofes festgelegt. Allein dieser Punkt ist so wichtig, dass sich die Verhandlungen der SPÖ auf jeden Fall ausgezahlt haben.

Ich habe schon darauf hingewiesen: Fast 38 000 Asylanträge sind nicht erledigt, das sind gleichzeitig 38 000 Menschen, die nicht wissen, ob sie in Österreich bleiben können oder nicht, 38 000 Einzelschicksale, deren Zukunft ungewiss ist!

Die beschämenden Diskussionen, die immer wieder stattfinden, wenn es um die Unterbringung dieser Flüchtlinge in Österreich geht, und die Tatsache, dass Flücht­lingshäuser, wie das der Caritas in Salzburg, das ich sehr gut kenne, ständig hoff­nungslos überfüllt sind und Menschen einfach ihrem Schicksal überlassen werden, dürfen und können in diesem Staat nicht mehr länger hingenommen werden!

Punkt zwei: der brisante Punkt Zwangsernährung. Herr Kollege Schennach hat leider den Saal verlassen (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Aber ich richte es ihm gerne aus!), aber trotzdem: Auch wenn er und andere anderes behaupten: Ein Asylwerber kann nicht gegen seinen Willen zwangsernährt werden! Außer Strafgefangenen – und, wie bekannt ist, sind Schubhäftlinge keine Strafgefangenen, Kolleginnen und Kollegen – darf in Österreich weiterhin niemand zwangsernährt werden, auch nicht gegen seinen Willen!

Ich war in derselben Sitzung des Innenausschusses wie Herr Kollege Schennach, und dort ist das ganz klar und deutlich gesagt worden. Die Kolleginnen und Kollegen, die


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