Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 160

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und Sport“. In den Materialien kann man dazu lesen – ich möchte es Ihnen kurz vorlesen –: Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Öster­reich: Die angepasste Unterrichtsgegenstandsbezeichnung soll der Positionierung von Bewegung und Sport in der österreichischen Wirtschaft (Tourismus) Rechnung tragen und damit positive Auswirkungen auch auf den Wirtschaftsstandort Österreich ent­falten.

Ich habe das gelesen und habe mir gedacht: Das ist fast schon rührend! Ich bin keine Wirtschaftsspezialistin, aber wenn Sie mir in irgendeiner Form in fünf Jahren nach­weisen können, dass diese Umbenennung irgendeinen auch nur winzigen positiven Effekt auf die österreichische Wirtschaft gehabt hat, dann nehme ich alles zurück, was ich gerade gesagt habe. Ich kann es mir nicht vorstellen. (Beifall bei den Grünen.)

Zu den einzelnen Punkten muss man generell sagen, es bewegt sich leider äußerst wenig. In der Frage der ganztägigen Betreuung haben wir immer diese grundlegende Meinungsverschiedenheit. Ich denke, eine echte Ganztagsschule würde bedeuten: Rhythmisierung von Unterrichtsphasen, Lernphasen, Erholungsphasen, Bewegungs­phasen und so weiter, und das würde auch heißen: ein individuelles Eingehen auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler. Für die ÖVP heißt Ganztagsschule allerdings inzwischen nicht mehr Zwangstagsschule, aber im besten Fall mehr Anwe­senheit im Schulgebäude.

So sieht jetzt auch die Regelung aus. Abgesehen davon, dass viele Schulen leider baulich nicht dafür ausgestattet sind, einen echten, pädagogisch sinnvollen Ganztags­unterricht, eine Ganztagsschule zu ermöglichen, ist auch die Regelung, die jetzt vorliegt, wirklich nicht phantasievoll, sondern eine Minimalvariante, die zumindest teil­weise den Anforderungen der Arbeitswelt Rechnung trägt, die eben sagt: Die Eltern müssen arbeiten, und viele Frauen – vor allem Frauen, die ja hier am meisten davon betroffen sind – können einfach nicht nachmittags daheim sein und die Kinder betreuen, und da ist eben der Bedarf nach einer Ganztagsschule gegeben. Das ist jetzt zumindest teilweise akzeptiert worden. Pädagogisch wird dieses Modell aber keinen Fortschritt bringen.

Vor allem auf dem Land wird es auch ein Problem geben. Vorgeschrieben ist nämlich, dass ab 15 Kindern das Führen einer solchen Gruppe im Ganztagsunterricht auch mit Geld für die Gemeinden unterstützt wird. Wenn diese 15 Kinder nicht zusam­men­kommen, dann wird es schwierig, und das wird vor allem im ländlichen Gebiet in vielen Fällen ein Problem werden, weil ja auch diese Ganztagsschule nicht schulübergreifend oder jahrgangsübergreifend stattfinden soll, sondern weil das nach Schulen und nach Jahrgängen unterteilt bleibt – warum, ist meiner Meinung nach nicht nachvollziehbar.

Die Regelung betreffend 5-Tage-Woche: Hier ändert sich faktisch am jetzigen Zustand gar nichts, denn etwa 90 Prozent der Schulen haben bereits jetzt 5-Tage-Wochen, und Ausnahmen wird es auch weiterhin geben. Diese werden auch weiterhin möglich sein, allerdings nach regionalen Gesichtspunkten, und nicht, was vielleicht sinnvoller gewesen wäre, nach pädagogischen Gesichtspunkten.

Ich möchte auch noch die Neuregelung der Einstufung in die erste Leistungsgruppe kommentieren: Mit der Neuregelung, dass Kinder, die die AHS-Reife haben, auto­matisch in die erste Leistungsgruppe in Hauptschulen eingestuft werden, gibt die Regierung in gewisser Weise zu, dass das momentane System so nicht funktioniert. Wir kennen dieses Problem, dass auf dem Land Hauptschulen gut besucht sind, während in der Stadt viele Hauptschulen nicht mehr besucht werden, sondern fast alle Kinder ins Gymnasium gehen sollen. Das ist für mich ein starkes Indiz dafür, dass diese Unterteilung in Hauptschule und Gymnasium so wahrscheinlich nicht mehr


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