Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 176

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diesem behandelt Österreich bundesdeutsche Studienwerber nicht anders, als sie in ihrem Heimatland, also der Bundesrepublik Deutschland, behandelt werden.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang erscheint mir auch, dass es die EU-Kommission selbst ist, die beispielsweise in ihrem Entwurf einer Dienstleistungs­richt­linie keine Bedenken hatte, das Herkunftslandprinzip zu Grunde zu legen. Also insoweit liegt hier sicherlich eine Inkonsistenz auf der EU-Ebene vor.

Aber auch insofern ist das EU-Erkenntnis kritikwürdig, als es der rechtlich nicht vergleichbaren Freizügigkeit im Hochschulzugang beider Länder und ihrer höchst unter­schiedlichen Größenordnung, somit dem angesichts der Gleichsprachigkeit zu erwar­tenden massiven Zustrom bundesdeutscher Studierwilliger an österreichischen Uni­versitäten in einem Ausmaß, das sie und den sie weitgehend finanzierenden öster­reichischen Staat überfordert, keine rechtliche Bedeutung beigemessen hat. Das noch dazu vor dem Hintergrund, dass das Bildungswesen nach wie vor in die Kompetenz der Mitgliedstaaten fällt, also nicht vergemeinschaftet ist.

All diese Räsonnements nützen aber nichts mehr und helfen daher nicht weiter. Das Erkenntnis ist nun einmal für uns verbindlich, ob es uns überzeugt, ob es uns gefällt oder nicht.

Klarerweise mussten daher das zuständige Bundesministerium und der Gesetzgeber umgehend reagieren, weil die an sich sofort wirksame EuGH-Entscheidung kurz vor Beginn der Inskriptionsfrist ergangen ist. Dennoch denke ich, dass eine Überlegungs­frist für eine sowohl EU-konforme als auch praktikable Neuregelung des Zugangs anfechtungsfest gewesen wäre.

Nach dem Grundkonzept des Universitätsgesetzes 2002 ist es zweifellos system­gerecht, wenn die Universitäten über die Zulassung zum Studium im Rahmen der allgemeinen gesetzlichen Vorgaben als zentrale strategische Entscheidung autonom befinden. Im Einzelnen haben die Rektorate zu bestimmen, ob ein Auswahlverfahren vor der Zulassung zum Studium oder eine Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung erfolgen soll.

Festzulegen sind dabei nicht nur die betroffenen inländischen Studien und die Zahl der Studierenden, sondern auch die Kriterien und das Auswahlverfahren. Dabei soll nicht ausschließlich auf die Noten im Reifezeugnis abgestellt werden und sollen die Noten nicht als alleiniges Beurteilungskriterium herangezogen werden. Damit ist vom Gesetz­geber aber wohl ausreichend klargestellt, dass es jedenfalls um sachbezogene Krite­rien bei den Auswahlverfahren gehen muss.

Eben dagegen hat meines Erachtens – jetzt übe ich im eigenen Bereich Kritik, nicht am Gesetzgeber und nicht am Ressort – die Medizinische Universität Wien gröblich verstoßen, abgesehen davon, dass sie sich dabei auf ein erst heute parlamentarisch verabschiedetes Gesetz beruft, das noch gar nicht in Kraft steht.

Warum meine ich, dass die Medizinische Universität in Wien unsachlich vorgegangen ist? – Auf das rein zeitliche Zuvorkommen bei der Anmeldung zum Studium kann es zweifellos nicht ankommen. Das umso weniger, wenn dabei auf einen Stichtag, und zwar den 7. Juli 2005, also den Tag der Verkündung des Urteils, abgestellt wird, das heißt dieses Auswahlprinzip nur für die Zeit danach gelten soll und alle bereits zuvor erfolgten Zulassungen uneingeschränkt akzeptiert werden. Denn wenn man ein Aus­wahlverfahren wählt, dann muss es für alle Bewerber einheitlich gelten.

Ganz abgesehen von der Unsachlichkeit einer solchen Selektion, die sich eher dem Zufallsprinzip annähert, könnte darin und vor allem in dem Umstand, dass auslän­dische Studienwerber durch die Einzahlung der Studiengebühren auf dem Postweg gegenüber Inländern, die sie direkt einzahlen können, vom Zeitfaktor her benachteiligt


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