Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 177

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sind, erneut eine indirekte verdeckte Diskriminierung erblickt werden. Das wird Erfolg versprechenden Anfechtungen bundesdeutscher Rechtsanwälte Tür und Tor öffnen.

Demgegenüber wird man sich künftig auf Universitätsebene – das betone ich – intel­ligentere und sachgerechtere Lösungen einfallen lassen müssen, die auch über die meines Erachtens eher fragwürdige Methode eines bloßen Motivationsschreibens hinausgehen.

Auf den Notenschnitt des Reifezeugnisses kann meines Erachtens so lange nicht sinnvoll abgestellt werden, als die Standards der Leistungsanforderungen und Beur­teilung einschließlich der Matura selbst bundesweit nicht vereinheitlicht worden sind. Zudem müsste es sachbedingt eher auf die Benotung fachbezogener Schlüsselfächer als auf den Notendurchschnitt aller Fächer ankommen. Eine studienspezifische Auf­nahmeprüfung wäre sachnahe, hätte aber zum einen den Nachteil, dass es dabei auf eine weichenstellende Einzelleistung des Betreffenden in seiner persönlichen Tages­verfassung ankäme, und würde zum anderen eine erhebliche Mehrbelastung der ohnehin bereits unzureichenden Personalressourcen an den Universitäten bedeuten.

Nach meiner hochschulpolitischen Einschätzung wären daher Eignungsprüfungen beziehungsweise der Nachweis entsprechender Studienerfolge nach dem ersten oder den ersten beiden Eingangssemestern vorzuziehen. Unvertretbare Studienbedin­gun­gen können wir nämlich keinem Studierenden, insbesondere auch nicht den öster­reichischen Studierenden, zumuten.

Wer daher aus sachbezogenen Erwägungen in seinem Heimatland keinen Studien­platz erhalten hat, sollte ihn auch nicht in Österreich erlangen. Es wird daher Aufgabe der Politik sein, sich darum im Rahmen der Europäischen Union zu bemühen. Freilich setzt das vergleichbare Anforderungen an den Hochschulzugang in allen EU-Staaten voraus. Das muss durchaus nicht die Übernahme des in Deutschland für bestimmte Studienrichtungen geltenden Numerus clausus bedeuten, sondern kann unter Erstel­lung fachspezifischer Anforderungsprofile gewiss auch den prinzipiell offenen Zugang zum Hochschulstudium wahren, wie es der Tradition des österreichischen Bildungs­wesens entspricht.

Bei allen EU-ausländischen Reifezeugnissen, mit denen die Zulassung zum Studium erwirkt werden kann, wird künftig auch jenes Bildungsniveau vorausgesetzt, das in Österreich für die Zulassung zum Studium oder dessen Fortsetzung verlangt wird. Selbst im Falle einer Kontingentierung, die sich niemand wünscht, ist indes die Zahl der Studienplätze so festzulegen, dass die Zahl der bisherigen Studierenden nicht unterschritten wird. Bei einem Aufnahmeverfahren vor der Zulassung wird dies daher die Zahl der Studienanfänger und -anfängerinnen sein. Bei einer Auswahl nach der Zulassung wird es die Zahl der Studierenden sein, die bis dahin in die Lehrver­anstal­tungen mit einem beschränkten Teilnehmerkreis aufgenommen worden sind.

Nach dem misslungenen Schnellschuss der Medizinischen Universität Wien erhoffe ich mir für das nächste Studiensemester beziehungsweise -jahr ein sachgerechteres Aus­wahlverfahren. Eine Evaluierung dieser Auswahlverfahren soll im Herbst 2006 erfolgen und spätestens im Jänner 2007 dem Nationalrat vorgelegt werden. Im Wintersemes­ter 2007/2008 sollen sodann die Ergebnisse dieser Evaluierung umgesetzt werden.

Alles in allem wird meine Fraktion daher der Änderung des Universitätsgesetzes 2002 ihre Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.29


Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

 


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