10.07
Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich ein Zufall, dass der Sozialbericht 2003–2004 am Beginn unserer heutigen Tagesordnung steht, aber es ist ein höchst charakteristischer Zufall. Denn es ist keine Frage, dass es bei allen Versuchen, die Realität schönzufärben – der Herr Staatssekretär hat in der Fragestunde eine eindrucksvolle Pflichtübung in dieser olympisch noch nicht anerkannten Disziplin geliefert –, bei allen Versuchen, die soziale Lage in diesem Land schönzufärben, ein Bericht eines Scheiterns ist, falls von dieser Bundesregierung überhaupt ein Versuch unternommen wurde, soziale Politik zu betreiben, was ich in höchstem Maße bezweifle. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn mehr als eine Million Menschen in diesem Land von Armut gefährdet sind, dann ist das die Bilanz einer Politik, die armselig und bedrohlich ist; bedrohlich für jene, die sich unter dieser Million Menschen befinden, bedrohlich für die Hunderttausenden, die da an der Kippe stehen und sich mit Recht Sorgen um ihre persönliche Zukunft und die Zukunft ihrer Familie machen.
Die Österreicherinnen und Österreicher haben
begonnen, in einer sehr drastischen Art und Weise aus diesem Scheitern ihre
Konsequenzen zu ziehen. Dieser in seinem Inhalt, nicht in seinem Wording,
mitleidlose Bericht über ein Scheitern steht am Beginn der Tagesordnung der
letzten Sitzung des Bundesrates, in der die Regierung über eine Mehrheit in
unserem Haus verfügt. – Das hat vor allem die Entscheidung der steiermärkischen
Wählerinnen und Wähler möglich gemacht. Die burgenländischen Wählerinnen und
Wähler haben sich ähnlich entschieden, ohne dass das jedoch Auswirkungen auf
die Zusammensetzung des Bundesrates hatte. Die Wiener Wählerinnen und Wähler
werden eine solche Entscheidung treffen, und diese Entscheidung wird wieder
Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundesrates haben und die Stärke der
beiden Oppositionsparteien nochmals anheben. (Ruf bei der ÖVP: ... wahrsagen!)
Herr Kollege! Ich glaube nicht, dass das ein Bereich ist, wo ich mich auf der Ebene der Spekulation bewege. (Beifall bei der SPÖ.) Ich habe in einer Sitzung vor dem Sommer – ich glaube, es war die Juli-Sitzung –, als ich einen ähnlichen Prognosesatz über die Steiermark auszusprechen wagte und mir Herr Bundesrat Hösele wortgewaltig in dasselbe fiel, Herrn Bundesrat Hösele gesagt: Ich halte nichts davon, wenn wir zwei uns jetzt darüber streiten, wer bei dieser Wahl gewinnen wird, ich halte sehr viel mehr davon, die Wählerinnen und Wähler zu Wort kommen zu lassen.
Die Wählerinnen und Wähler in der Steiermark haben ein drastisches Urteil gefällt! Warten wir auf die Wiener Wählerinnen und Wähler, und unterhalten wir uns in der November-Sitzung über Prophetie und Kaffeesudlesen weiter! (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)
Wie gesagt, der Bundesrat wird ab der nächsten Sitzung ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Bitte? Kollege, ich antworte gerne auf alle Zwischenrufe, aber Sie müssen sie so deutlich sagen, dass ich sie verstehe, sonst sind sie nur Geräusch. – Nein? Gut, dann war er nicht so gut. (Heiterkeit.)
Der Bundesrat wird also ab seiner nächsten Sitzung nicht nur eine Stärkung der beiden Oppositionsparteien – das hatten wir schon ein paar Mal – hier feststellen müssen, sondern auch eine Veränderung seiner Mehrheitsverhältnisse. Die Regierung und die ÖVP-Bundesratsfraktion haben uns in weiser Voraussicht, wie ich sagen muss – im Gegensatz zu manchen Zwischenrufern war da die Einsicht schon gegeben –, für diese Sitzung ein Eilpaket angekündigt, weil man ja nicht wissen könne. Kollege Bieringer war daran beteiligt, wie ich den „Salzburger Nachrichten“ entnommen habe. Er hat
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