Bundesrat Stenographisches Protokoll 725. Sitzung / Seite 38

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ten, aber jedenfalls an Zielen orientierten Politik, die nicht die unseren sind, kann es von uns weder vor einem Wahltag noch nach einem Wahltag ein Ja geben, daher unsere Abgrenzung davon.

Die ÖVP – um das sehr deutlich anzusprechen – hatte auch eine christlich-soziale Komponente. Diese Komponente ist unter die Räder gekommen. Sie drückt sich in ihrer Politik nicht mehr aus. Und ich glaube, dass Wahlergebnisse auch diese Beur­teilung durch die Wähler in dieser Hinsicht zum Ausdruck bringen. Sie sollten – das ist kein Koalitionsangebot oder irgendetwas in diese Richtung – sich gründlich überlegen, auch im Hinblick auf das zwar technisch erfolgreiche, aber politische Scheitern Ihrer deutschen Schwesterpartei, ob jene Politik der Kälte ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich sage ja nicht, dass meine Parteifreunde dort einen großen Sieg errungen haben. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Mehrheit hat die CDU eben nicht. Das hätte sie gerne gehabt.

Meine Kollegen! Sie haben ja vielfältig dazwischen gerufen, aber die Tatsache „Wahl­sieger“ mit minus 4,5 Prozent, das ist die Kategorie, die ich mir für unsere Partei nicht wünschen würde. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und es sind sich alle einig, warum es so kam. – Weil dort dieselbe Politik der Kälte und der sozialen Verantwortungslosigkeit proklamiert wurde, die Sie jetzt seit dem Jahr 2000 betreiben. (Bundesrat Dr. Böhm: 4,7 Millionen Arbeitslose!) – Herr Kollege! Deutschland hat die Sozialdemokratie nicht in dem Umfang gewählt, den ich mir ge­wünscht hätte, keine Frage, aber es hat das Land eine linke Mehrheit. Und das sollten Sie bei Ihren forschen Zwischenrufen nicht ganz aus dem Gedächtnis streichen.

Ich wünsche mir für dieses Land im Oktober nächsten Jahres auch eine linke Mehrheit, damit klar ist ... (Bundesrat Dr. Böhm: Mit kommunistischer Hilfe!) Ich bitte Sie, der zu erwartende gewaltige Wahlerfolg der KPÖ, nämlich ein Anstieg von 0,65 auf 0,88 Pro­zent, wird es bei dieser Linksmehrheit nicht wirklich ausmachen. (Beifall bei der SPÖ.) Allerdings gibt es eine Partei, die im Augenblick in diesem Haus vertreten ist, die auch ihre Schwierigkeiten haben wird, über 0,88 Prozent hinauszukommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Darf ich den Satz trotzdem beenden und damit auch meine Rede, wenn ich Ihnen etwas versprechen darf. Sie wissen, Kurt Tucholsky, „Ratschläge für einen schlechten Redner“: „Kündige den Schluß deiner Rede lange vorher an, damit die Hörer vor Freude nicht einen Schlaganfall bekommen.“ – Was ich hiermit getan habe zur Scho­nung Ihrer Befindlichkeit.

Ich wünsche mir für dieses Land eine deutliche linke Mehrheit, und zwar nicht, um da­mit von vornherein Regierungskonstellationen zu betonieren, sondern um auch zum Ausdruck zu bringen, was die Menschen in diesem Land wollen: eine andere Politik, als sie heute betrieben wird, eine andere Politik als jene, über die uns der Sozialbericht eine zwar geschönte, aber trotzdem triste Bilanz liefert. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.28


Präsident Peter Mitterer: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Bundesräte! Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, verweise ich noch einmal auf unsere uns selbst auferlegte freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten, die meistens auch aus­reicht, wenn man nur zum entsprechenden Tagesordnungspunkt spricht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Boden: Waren Sie anderer Meinung, Herr Präsident?)

 


Ich darf nun dem nächsten gemeldeten Redner, Bundesrat Mag. Harald Himmer, das Wort erteilen.

 


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