Bundesrat Stenographisches Protokoll 725. Sitzung / Seite 45

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Sparbüchern. (Bundesrat Kneifel: Auch die Gewerkschaftsbank BAWAG macht das! – Ruf bei der SPÖ: Mein Gott!)

Das ist also die Aufteilung des Vermögenseinkommens der Banken. Wir bemühen uns, dass die Sparfähigkeit und die Kaufkraft der Menschen in Österreich steigt und nicht sinkt. Mit einer solchen Aufteilung aber sinkt die Sparfähigkeit und die Kaufkraft der privaten Haushalte. Sie stagniert nicht nur, sondern sie sinkt. Die Fähigkeit der Wirt­schaft, zu investieren und Eigenkapital zu schaffen, steigt. Das ist nicht sozial!

Faktum ist auch, dass die Sozialquote und die Sozialeinkommen deutlich sinken. (Hei­terkeit des Bundesrates Hösele.) Sie können schon lachen! Uns ist da leider nicht zum Lachen zumute, weil das Fakten sind. Wenn Sie darüber lachen, muss ich Sie fragen: Wie ernst nehmen Sie solche Fakten, wenn praktisch ein Großteil des Geldvermögens und des Sachvermögens dazu dient, in Wirtschaft und Finanzwirtschaft zu investieren und Eigenkapital zu schaffen, und nicht den privaten Haushalten? (Bundesrat Kneifel: Ja, aber Ihr Finanzminister Lacina hat die Vermögensteuer abgeschafft! Vergessen Sie das doch nicht, bitte!)

Die Körperschaftsteuer wird jetzt immer mehr reduziert. Deswegen kommt es auch da­zu, dass die Konzerne (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Kneifel) – lassen Sie mich bitte ausreden! – immer weniger Körperschaftsteuer zahlen müssen und praktisch immer weniger Einkommensteuer. Ich werde es Ihnen noch ganz genau sagen.

Faktum ist aber auch, dass die Sozialquote und die Sozialeinkommen deutlich sinken. Der Anteil der Sozialausgaben am Bruttoinlandsprodukt geht zurück. Alle Maßnahmen zum weiteren Abbau von Sozialleistungen erhöhen das Armutsrisiko vieler Menschen in Österreich. Das heißt, Armut und Reichtum nehmen in Österreich gleichzeitig zu. Das heißt weiter: Die Armen werden noch ärmer, die Reichen noch reicher. Das ist der Weg der jetzigen Bundesregierung, und diesen Weg werden wir nicht mitgehen! Des­wegen werden wir diesem Bericht über die soziale Lage 2003–2004 nicht zustimmen. (Ruf bei der ÖVP: Das ist überraschend!)

Nein, nicht überraschend! Uns würde es selbstverständlich überraschen, wenn in die­sem sozialen Bericht Maßnahmen aufgezeigt werden würden, die wirklich die sozialen Leistungen ausbauen und verbessern würden. Dies ist aber nicht der Fall, und deswe­gen werden wir diesem Bericht nicht zustimmen.

1 Million Menschen, ganz genau 1 044 000 Menschen, sind arm und armutsgefährdet. Das sind aber nicht nur Arbeitslose, die keine Arbeit finden, das sind Personen mit ma­ximal Pflichtschulabschluss, und das ist zirka ein Drittel der österreichischen Bevölke­rung ab 15 Jahren. Das sind auch Alleinerzieherinnen, die wirklich überdurchschnittlich armutsgefährdet sind, und das trotz hoher Erwerbsbeteiligung. Die Erwerbsbeteiligung macht 77 Prozent aus.

Armutsgefährdet sind auch Haushalte, deren Haupteinkommensquellen Pensionen sind. Davon sind 13,2 Prozent der Gesamtbevölkerung betroffen. Diese haben weniger als 780 € im Monat zum Leben, und ihre Zahl nimmt zu. Eine Viertelmillion Menschen in Österreich sind reich und haben mehr als 70 000 € Geldvermögen oder Jahresein­kommen. Auch diese Zahl nimmt zu. 60 000 Menschen in Österreich sind Euro-Millio­näre. Jeder dieser Euro-Millionäre hat ein Geldvermögen von mehr als 1 Million.

Zusammen besitzen sie so viel Geldvermögen, nämlich 200 Milliarden €, wie sämtliche Erwerbseinkommen in Österreich ausmachen. Und diese Erwerbseinkommen sind die Erwerbseinkommen von zirka vier Millionen Österreicherinnen und Österreichern.

Der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am gemeinsamen Kuchen, am Bruttoinlandspro­dukt, wird immer kleiner, der Anteil der Wirtschaft hingegen wird immer größer.

 


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