Bundesrat Stenographisches Protokoll 725. Sitzung / Seite 53

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

diese Studie von mir haben! (Bundesrat Mag. Baier: Sie machen sich lächerlich! – Bundesrat Gruber: Aber du auch! – Bundesrätin Roth-Halvax: Aber du schon lang!)

Herr Himmer, zur großen Aufregung über die Energiepreise nur ein paar Fakten. Der Finanzminister profitiert von den hohen Energiepreisen, also inklusive den Spritpreisen, übermäßig. Laut Benzinmarktstudie fließen ihm 55 Prozent vom Benzinpreis zu. Der Finanzminister hat seit Jänner 2004 Mehreinnahmen durch angehobene Mineralöl­steuer von über 300 Millionen €, inklusive der Umsatzsteuer. Bei der Mehrwertsteuer, die immer mitsteigt, wenn die Spritpreise steigen, schneidet er pro 1 Cent Preiserhö­hung 12,6 Millionen € mit. Wir verlangen, dass die Mehreinnahmen bei der Mineralöl­steuer zum Beispiel für einen Heizkostenzuschuss verwendet werden.

Nun zum Sozialbericht. Berichte über die soziale Lage waren in der Vergangenheit nicht nur statistische Zustandsbeschreibungen und Nachschlagewerke, sondern sie haben immer auch einen Bericht über den sozialen Fortschritt – im Periodenvergleich – beinhaltet. Der soziale Fortschritt kann dokumentiert werden im Vergleich zu Vorperio­den und im Vergleich mit anderen Ländern. Diese Komponente fehlt auffälligerweise zunehmend. Klar, es ist auch verständlich, denn über den Fortschritt gibt es nichts zu berichten, und den Rückschritt wollen Sie nicht dokumentieren.

Es fehlt – und das wurde im Ausschuss auch zugegeben – eine Dokumentation der Auswirkungen Ihrer Politik, zum Beispiel der Pensionsmaßnahmen. Das wurde im Aus­schuss von einem Beamten zugegeben, dass es darüber keine Statistik gibt, und das für eine der einschneidendsten Maßnahmen im Jahr 2003.

Aber es gibt eine Neuerung: Erstmals im Bericht über die soziale Lage gibt es einen Armuts- und Reichtumsbericht. Das ist lobenswert; das dürfte allerdings dieser Regie­rung „passiert“ sein. Dafür gibt es nämlich einen parlamentarischen Beschluss von den vier Parlamentsparteien, der die Regierung dazu gezwungen hat. Der zuständige Be­amte hat auch gleich im Ausschuss auf meine Frage gesagt, das sei einmalig gewesen und sei ein weiteres Mal nicht beabsichtigt – aus durchsichtigen Gründen.

Dank der Armutskonferenz wird die Entwicklung der Armut auch ohne Sozialministe­rium schon seit Jahren dokumentiert. Auf Grund dieser Arbeiten der Armutskonferenz ist leicht nachzuvollziehen, dass die Armutsgefährdung in Österreich in den letzten Jahren ständig zugenommen hat. Sie nimmt vor allem zu, weil die Arbeitslosigkeit steigt. Es ist signifikant, dass mit Zunahme der Arbeitslosigkeit die Armutsgefährdung steigt und umgekehrt mit Zunahme der Beschäftigung sinkt. Die Arbeitslosigkeit steigt, weil das Wachstum fehlt, und das Wachstum fehlt aus mehreren Gründen.

Es wäre Aufgabe der Sozialpolitik, die Verwerfungen des Marktes zu korrigieren und auszugleichen und den Menschen Sicherheit zu geben. Und eine wesentliche Voraus­setzung für wirtschaftliches Wachstum, für Ausgaben- und Konsumfreudigkeit ist das Gefühl der Sicherheit und Stabilität.

Es sinkt nicht nur der Anteil der Ausgaben für Sozial- und Gesundheitspolitik in Öster­reich, es sinkt auch die Lohnquote, der Anteil der Lohn- und Gehaltseinkommen am gesamten Volkseinkommen, gepaart mit der Verunsicherung und mit der im Armuts- und Reichtumsbericht dokumentierten Ungleichheit. Die Ungleichheit führt vor allem dazu, dass die Masseneinkommen sinken, führt eben dazu, dass die Menschen einem so genannten Angstsparen, wie das Wirtschaftsforschungsinstitut es bezeichnet, ver­fallen und die private Nachfrage ausfällt.

Der Globalisierung sind die Menschen ausgesetzt, und die Verunsicherung wird nicht aufgefangen. Die Ungleichheit nimmt durch die neoliberale Politik zu. Die Massenein­kommen sinken, die Nachfrage sinkt, aber eines steigt in allen Ländern, in denen die Ungleichheit zunimmt, und das ist auch nicht Teil des Sozialberichtes: Während die


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite