Bundesrat Stenographisches Protokoll 725. Sitzung / Seite 54

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ungleichheit und der Reichtum zunehmen, steigen die Häftlingszahlen. Ein Phänomen, das in Wahrheit kein Phänomen ist, sondern eine Tatsache, die wir bereits seit Jahr­zehnten in den USA beobachten können: Mit Zunahme der Ungleichheit einer Gesell­schaft nimmt die Kriminalität zu.

Eine Tatsache, die Sie sich neben dem Sozialbericht vergegenwärtigen sollten, ist, dass in dieser Regierungsperiode die Zahl der Häftlinge von 6 000 auf 9 000 gestiegen ist, darunter 500 Jugendliche. Was man in der Sozialpolitik einspart und in der Bil­dungspolitik kürzt, gibt man dann mehr für die Häftlinge aus. In den USA vorgelebt ... (Bundesrat Mag. Baier: Das ist ein Wahnsinn, bitte! Das ist ein Wahnsinn! – Ruf bei der ÖVP: Es hat das eine mit dem anderen nichts zu tun!) – Ach so, es hat das eine mit dem anderen nichts zu tun? Genau das ist Ausdruck Ihrer Politik und Ihres Unver­ständnisses. Und genau das will ich Ihnen sagen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Baier: Das ist ja mit Abstand das Letzte, was ich jemals gehört habe! – Bundes­rat Gruber: Nimm dich ein bissel zurück, hörst! – Bundesrätin Roth-Halvax: Da redet der Richtige! – Bundesrat Reisenberger: Und schon wieder den Schnabel offen!)

Der Beamte aus dem Sozialministerium, der eingestanden hat, dass es das erste und letzte Mal ist, dass man einen Armuts- und Reichtumsbericht veröffentlicht hat, reflek­tiert offensichtlich die Verhältnisse in der Bundesregierung, denn zwei aus der Gruppe der zehn reichsten Österreicher sind Mitglied dieser Bundesregierung beziehungs­weise im Nationalratspräsidium, und einer will gerade hinaufheiraten zu den zehn Reichsten. (Bundesrätin Roth-Halvax: Ist es verboten, dass man heiratet?) – Nein, es ist nur bemerkenswert, wer in der Regierung sitzt.

Die beste Sozialpolitik ist eine richtige Wirtschaftspolitik, eine Wirtschaftspolitik, die zu mehr Beschäftigung führt, haben Kollegen von der Regierungsfraktion richtigerweise erwähnt, der Zusammenhang ist richtig. Nur: Sie machen Politik in die verkehrte Rich­tung, Sie machen die falsche Wirtschaftspolitik und damit auch eine schlechte Sozi­alpolitik. Sie könnten sich ein Beispiel nehmen an den erfolgreichsten Ländern in Europa. (Ruf bei der ÖVP: Das tun wir ja! – Bundesrat Gruber: Wo denn?) Ah ja.

Während Österreich permanent bei den Rankings verliert, ist eines bemerkenswert: Die wettbewerbsfähigsten Länder sind Finnland und Schweden (Bundesrat Höfinger: Ja, und in der Jugendarbeitslosigkeit?! – Bundesrat Mag. Pehm: Ja, aber sie steigt überproportional an in Österreich!), die wettbewerbsfähigsten Länder sind die skandi­navischen Länder: geringste Arbeitslosigkeit, höchstes Wirtschaftswachstum und – hören Sie zu! – Budgetüberschüsse, und das vor allem deswegen, weil die Ausgaben für die sozialen Maßnahmen wesentlich höher sind. Alles das, was Sie unter dem Motto „speed kills“ zusammengekürzt haben, wird dort mehr ausgegeben.

Eine wesentliche Ursache ist laut Wirtschaftsforschungsinstitut darin zu sehen, dass die Skandinavier ihre soziale Sicherheit nicht gefährden und die Bevölkerung sich si­cher fühlt. Deswegen gibt es kein Angstsparen, und das Geld, das eingenommen wird, wird wieder ausgegeben, im Gegensatz zu Deutschland und Österreich, wo die Men­schen sich ihrer Zukunft nicht sicher sind, weil sie keine gesicherten Arbeitsplätze haben und nicht mit Sicherheit wissen, ob sie noch eine Pension bekommen werden.

Der große Unterschied zu Schweden: Zum Beispiel bei der Pensionsreform hat sich die Regierung in Schweden sechs Jahre Zeit genommen für das Suchen einer Lösung, und zwar im gesellschaftlichen Konsens. (Zwischenruf des Bundesrates Höfinger.) Das Ergebnis ist, dass in Schweden – im Gegensatz zu Österreich – ein breites Gefühl der Zuversicht in der Bevölkerung Platz greift. (Bundesrat Höfinger: Wissen Sie, wie viel Prozent Eigenvorsorge in Schweden gemacht werden muss? Das müssen Sie auch dazusagen! Das ist unsozial!)

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite