Bundesrat Stenographisches Protokoll 725. Sitzung / Seite 108

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Friedensdividende der Europäischen Union als besonderes Plus auf unserem Konti­nent gewürdigt. Ich glaube aber, dass für immer mehr Bürger der Frieden allein als Existenzberechtigung zu wenig ist, denn die meisten Österreicherinnen und Österrei­cher von heute haben den Krieg nicht mehr miterlebt, und die Tatsache, dass Frieden herrscht, ist für viele schon eine Selbstverständlichkeit. – Gott sei Dank ist das so geworden und hat sich Europa so entwickelt.

Ich glaube, dass sich auch das überraschende Resultat der Abstimmungen, der Re­ferenden in den Ländern Frankreich und Niederlanden darauf zurückführen lässt. In beiden Ländern, aber auch in Luxemburg gehörten die Bürger über 50 Jahre zu den stärksten Verfassungsbefürwortern, während gerade die Jugendlichen bis 25 Jahre mehrheitlich gegen die EU-Verfassung gestimmt haben. Für die älteren Bürger, die teilweise noch der Kriegsgeneration oder der Nachkriegsgeneration angehört haben, ist das Asset des Friedens in Europa noch sehr wichtig und die EU ein unschätzbares Friedensprojekt. Aber die Jugendlichen wollen, dass Europa mehr leistet. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich komme schon auf das Programm, aber ich glaube, dass wir auch das Umfeld dar­stellen sollen, in dem dieses Programm, das die Bundesregierung vorgelegt hat und das ein sehr ambitioniertes Programm ist, wirken soll.

Wir müssen daher einerseits die Wünsche und Sorgen der Jugendlichen ernster neh­men, wir müssen uns aber auch bemühen, den Nutzen eines starken Europas in einer globalisierten Welt noch besser zu vermitteln. Und wenn ich sage „wir“, dann meine ich nicht nur die Vertreter der EU-Institutionen, die Vertreter der Mitgliedstaaten, die Ver­treter der Länder, der Regionen, der Gemeinden, sondern ich meine: wir alle, also auch wir selbst als Mandatare; auch die Vertreter der Wirtschaft sind hier eingeschlos­sen.

Es geht darum, auch anhand dieses Programmes, das die Regierung vorgelegt hat, den Nutzen Europas noch deutlicher darzustellen. Europa schafft ja nicht nur Frieden, sondern es nützt und schützt auf vielerlei andere Weise. Ich glaube, wir sollten uns wieder einmal diesen Nutzen vor Augen führen.

Erstens: Der Beitritt hat zu einer Öffnung der Grenzen geführt, die bis in die achtziger Jahre die Entwicklung gerade im Norden und Osten Österreichs stark behindert haben. Ich komme aus Oberösterreich: Früher war das eine tote Grenze, heute aber ist dort pulsierendes wirtschaftliches Leben, wenn ich an den Bereich der Grenze nach Tschechien und das angrenzende Mühlviertel denke.

Zweitens: Die europäische Perspektive hat einen geradezu unglaublichen Wandel un­serer Nachbarländer im Osten von einem kommunistischen Zwangsregime zu einem demokratischen, erfolgreichen und freien System ermöglicht.

Drittens: Die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit hat zu einem signifikanten Rückgang der grenzüberschreitenden Kriminalität geführt. Sicherheit ist ein Produkt und ein Vorteil der gesamten europäischen Entwicklung der letzten Jahre.

Viertens: Der Beitritt Österreichs zur EU hat zur Schaffung und zur Sicherung von mehr als 70 000 Arbeitsplätzen geführt. Wir haben das heute ja schon ausführlich darge­stellt.

Fünftens: Die Erweiterung im Vorjahr hat sowohl diesen Ländern als auch Österreich ungeahnte wirtschaftliche Perspektiven eröffnet. Im Jahr 2004 betrugen die Importe aus den Beitrittsländern zur Europäischen Union 9,7 Milliarden € und lagen damit um 12,12 Prozent höher als im Jahr 2003. Die Exporte in diese Länder betrugen 11,4 Mil­liarden €; sie stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 14,4 Prozent. Die Warenhandels­bilanz verzeichnet ein Aktivum von 1,4 Milliarden €. Die anteilsmäßig am stärksten im


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