Bundesrat Stenographisches Protokoll 725. Sitzung / Seite 152

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terreichische Landtag hat sich sehr wohl auf den letzten Stand der Verhandlungen gebracht und auch mit berücksichtigt, dass die Europäische Volkspartei den Antrag gestellt hat, die Binnenmarkt-Ausschusssitzung letzte Woche abzusagen, um weitere Verhandlungen zu führen. Letzte Woche sollte schon über die Dienstleistungsrichtlinie im Binnenmarkt-Ausschuss des Europäischen Parlaments verhandelt werden. Auf Ini­tiative Ihrer Schwesterpartei auf europäischer Ebene wurde diese Ausschusssitzung abgesagt, um das Ganze noch einmal zu überlegen, weil sie nicht mehr sicher sein konnte, dass es eine Mehrheit findet.

Die Abhandlung dieser Dienstleistungsrichtlinie wird während des österreichischen EU-Vorsitzes im nächsten ersten Halbjahr erfolgen. Bedenken Sie, egal wie Sie abstim­men: Die Menschen werden sich nicht überfahren lassen! Wir waren am 19. März dieses Jahres mit 150 000 protestierenden Arbeitnehmern in Brüssel, für den 25. Okto­ber war in Straßburg eine Demonstration geplant, sollte das Europäische Parlament Ende Oktober darüber abstimmen. Die Abstimmung wurde verschoben.

Man braucht nicht zu drohen, man braucht nur die Situation zu analysieren. Die Ver­handlung eines Kompromisses fällt in die Zeit der österreichischen EU-Präsidentschaft, und ich denke, hier ist ein klarer Standpunkt des Bundesrates sicher von Vorteil, der einen Kompromiss fördern würde und der einen vielleicht nicht einsichtigen Minister doch zum Einlenken bringen könnte. Helfen Sie mit, dem Föderalismus hier im Haus zur Wirkung zu verhelfen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.13


Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. Ich darf ihm dieses erteilen.

 


18.13.39

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Dienstleistungsrichtlinie beschäftigt wirklich ganz Europa – ganz egal, auf welcher Ebene, durch welche Parteien, durch welche Fraktionen. Es ist kein Wunder, dass die Landtage in Österreich, dass die Arbeiter­kammer, dass alle Fraktionen darin einer Meinung sind. Erinnern Sie sich an die Bolke­stein-Richtlinie, erinnern Sie sich bitte daran, dass wir alle hier fassungslos waren über die Ablehnung der Verfassung zur Europäischen Union! Was war denn da der eigent­liche Hintergrund? Das war die Bolkestein-Richtlinie! Die Dienstleistungsrichtlinie war der Hauptgrund dafür, dass Frankreich mit Nein gestimmt hat; das ist mittlerweile durch die Aufarbeitung dieses Nein herausgekommen.

Es ist aber nicht so, dass das Thema abgesagt ist (Bundesrat Konecny: Im Gegen­teil!); das ist hier irgendwie aufgekommen. Gar nichts ist abgesagt! Der Binnenmarkt-Ausschuss entscheidet im November 2005, und das Plenum ist angesetzt für Jän­ner 2006. Nichts ist abgesagt!

Was noch viel schlimmer ist: Es kann ein völlig inkohärentes Regelwerk entstehen. Es sind 1 124 Anträge zur Dienstleistungsrichtlinie im Europäischen Parlament eingegan­gen. Na servus, wenn da 30 abgelehnt und andere wieder angenommen werden, die in keiner Weise auch nur irgendwie zusammenpassen! Es droht ein Sozialdumping, eine Liberalisierung, die von der Bevölkerung in Europa so nicht mitgetragen wird. Nichts schädigt das Ansehen Europas mehr, als wenn das, was hier als Richtlinie vorliegt, auch so Realität wird. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ja, sagen wir es so, wie es ist: Der Streitpunkt – auch wenn er hier nicht ausgespro­chen wird – ist das Herkunftslandprinzip. Was bedeutet das Herkunftslandprinzip, um uns das einmal zu vergegenwärtigen? Das bedeutet, dass in Österreich 25 verschie­dene Rechtsordnungen zur Anwendung kommen und ungleiche Wettbewerbsbedin-


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