BundesratStenographisches Protokoll727. Sitzung / Seite 86

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

wir den eigentlichen Opfern nicht direkt zukommen lassen konnten, soll wenigstens für oder zumindest im Interesse ihrer Enkel eingesetzt werden. Auch das gehört zur Sühne dazu, und so weit können wir mit dem Gesetzesantrag beziehungsweise dem Gesetzesbeschluss des Nationalrates vollinhaltlich mitgehen.

Im begründeten Einspruch, der im Verfassungsausschuss die Mehrheit gefunden und den Kollegin Lueger als Berichterstatterin hier vorgelesen hat, werden auch jene zwei Argumente angeführt, warum wir Einspruch erheben. Ich werde dann noch ein biss­chen darauf eingehen. Zuallererst muss ich mich aber doch nicht mit den Bemerkun­gen des Kollegen Kühnel, denn diese richten sich selbst, sondern mit dem Brief, den Kollege Steiner an mich gerichtet hat, auseinander setzen, weil es natürlich eine be­rechtigte Frage ist, welche Auswirkungen ein solcher Einspruch bei dieser Gesetzes­vorlage nun hat.

Kollege Steiner – und vielleicht war es nicht nur ein Zufall, dass ich Sie in Ihrer ehe­maligen Abgeordnetenqualität angesprochen habe – verweist darauf, dass natürlich die Abwicklung des Fonds – sagen wir es einmal in Kurzfassung – durch einen Einspruch nicht einfacher wird. Er hat hinzugefügt – ich darf das zitieren, Herr Botschafter – , dass er als ehemaliger Parlamentarier aber betonen möchte, „dass es das selbstver­ständliche Recht jedes Abgeordneten ist, alle Möglichkeiten der Geschäftsordnung voll bis in die letzte Konsequenz auszuschöpfen. Dieses Recht ist nicht nur zu respektie­ren, sondern es lohnt sich, sich voll dafür einzusetzen.“

Ich danke Ihnen für diese Worte! Und ich gestatte mir, davon auch mit guten Gründen Gebrauch zu machen. Es geht hiebei nämlich nicht – wenn jetzt der Nationalrat nicht in eine Trotzhaltung verfällt, das räume ich ein, aber davon gehe ich nicht aus – um eine Verzögerung dieser Vorlage. Wir schreiben heute, wenn ich das richtig sehe, den 4. November. Der Fonds läuft am 31. Dezember aus, aber auch vor dem 31. Dezem­ber sind natürlich noch eine Menge von Arbeiten zu leisten, damit das Geld letztlich dort landet, wo es landen soll. Selbstverständlich. Dennoch müsste es dem Nationalrat einfach möglich sein, ganz egal, ob er jetzt unsere Einwendungen berücksichtigt oder nicht, innerhalb des Monats November die erforderlichen Beschlussfassungen herbei­zuführen.

Ich erinnere daran: Die erforderlichen Beschlussfassungen können entweder der Be­harrungsbeschluss oder aber die Aufnahme der einen oder anderen unserer Ein­wendungen sein. Und wir werden kein Problem haben, einen unseren Einwendungen gerecht werdenden neuen Gesetzesbeschluss am 1. Dezember zu beschließen.

Herr Kollege Kühnel! Deshalb bekommt kein Not leidender Weißrusse eine Leistung auch nur um eine Minute später! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grü­nen.) Ich bitte Sie inständig, bei aller Rechtfertigung von Polemik, die mir nicht ganz fremd ist, wie die Kolleginnen und Kollegen des Hauses wissen, doch mit Beispielen dieser Art, die einen Angriff auf die moralische Integrität des anderen darstellen, sehr, sehr zurückhaltend zu sein! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

Wir haben zwei Gründe, warum wir Ihnen diesen Einspruch zur Beschlussfassung vor­schlagen. – Ja. Auch wir, Herr Kollege Kühnel, lehnen jede Form des Totalitarismus und der Diktatur ab. Aber dafür, dass der Kommunismus in Osteuropa seine blutigen Spuren gezogen hat, gibt es keine österreichische Mitschuld. Wir haben diesen Län­dern geholfen, die Folgen zu überwinden, wir werden das weiter tun, und manche von uns haben – durchaus auf allen Seiten der Parteigrenzen – ihren sehr persönlichen Beitrag in dieser Auseinandersetzung mit den kommunistischen Machthabern, als das noch eine Rolle gespielt hat, geleistet.

Nur: Die Mittel, die für die Opfer des Nationalsozialismus bestimmt sind und die eine österreichische Sühneleistung darstellen, sollen naturgemäß gleich gewertet und gleich


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite