BundesratStenographisches Protokoll727. Sitzung / Seite 102

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und des Verwaltungsgerichtshofes für die Erstellung dieser Tätigkeitsberichte für die Jahre 2003 und 2004.

Die Damen und Herren aus den Regierungsfraktionen ersuche ich um Aufmerksam­keit. Es wurde gerade der Bericht der Volksanwaltschaft so gelobt, und das verstehe ich auch, weil er sehr umfassend war. Ich ersuche aber auch, den Bericht des Ver­fassungsgerichtshofes auf diese Weise zu betrachten, in dem an der Regierung, aber auch am Nationalrat Kritik geübt wird, der Gesetze beschließt, die nicht nachvollzieh­bar sind.

Ich konzentriere mich nicht auf statistische Daten, sondern gehe auf Formulierungen und auf Feststellungen ein, die der Verfassungsgerichtshof – genauso wie der Verwal­tungsgerichtshof – in seinem umfassenden Bericht gemacht hat.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Tätigkeitsbericht scharfe Kritik an der For­mulierung mancher Gesetze geübt, deren – wie es wortwörtlich im Bericht heißt – „Sys­tematik nur mit Mühe zu durchschauen und deren Sinnermittlung nicht zuletzt deshalb schwierig ist, weil in den anzuwendenden Rechtstexten die Regeln der Grammatik“ – also dürfte niemand von denen, die die Gesetze machen, Grammatik beherrschen – „und sonstige Prinzipien der deutschen Sprache gröblichst missachtet werden“. (Bun­desrat Dr. Böhm: Leider wahr!)

Das heißt, dass jene Damen und Herren, die an der Ausarbeitung von Gesetzen betei­ligt sind, die oft sehr rasch gemacht werden und dann wieder vom Verfassungsge­richtshof aufgehoben werden, eigentlich der deutschen Sprache und auch der Gram­matik nicht mächtig sind. – Das ist hier in diesem Bericht bestätigt.

Dann heißt es wörtlich: „mangelnde sprachliche Präzision und überlange Sätze mit ineinander verstrickten Gedanken“. – Diese ineinander verstrickten Gedanken dürften vielleicht bei den Debatten in den Ausschüssen entstehen, wo man nur darüber nach­denkt, wie man schnell ein Gesetz durchziehen kann und wie man bei manchen Geset­zen rasch über die Bevölkerung drüberfährt, nur um dem Staatsbürger so schnell wie möglich das Geld aus der Tasche ziehen zu können. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Das ist hier in diesem Bericht bestätigt worden, geschätzte Damen und Her­ren!

Ebenso sind den Verfassungshütern „die kaum durchschaubare[n] Verweisungsketten und die häufige Novellierung mancher Gesetze mit zum Teil rückwirkendem Inkrafttre­ten“ ein großer, spitzer Dorn im Auge.

Es soll aber zum Beispiel auch nicht mehr vorkommen, dass ein Gesetz – wie das, das wir heute hier einhellig beschlossen haben, nämlich die Änderung des Passgesetzes – zum Beispiel am 19. Oktober im Nationalrat beschlossen wird, und am 21. Oktober wird vom Bundesministerium für Inneres schon bekannt gegeben, dass dies beschlos­sen ist. (Bundesrat Mayer: ... drei Tage ...!) – Da wurde der Bundesrat missachtet, denn das Bundesministerium teilte mit, dass das Gesetz beschlossen ist. – Es ist aber noch nicht beschlossen!

Das Ministerium schreibt auch, dass es erst später verlautbart wird. Solche Mitteilun­gen der Bundesministerien sollten in Zukunft nicht mehr stattfinden. – Das entnehme ich dem Bericht des Verfassungsgerichtshofes.

Der Verfassungsgerichtshof spricht in seinem Bericht auch an, dass viele Rechtsbe­reiche, vor allem aber das Sozialrecht und das Energierecht von legistischen Unzu­länglichkeiten betroffen sind.

Der Verfassungsgerichtshof regt auch an – und zwar dringend! –, der legistischen Aus­arbeitung künftig erhöhtes Augenmerk zuzuwenden, das heißt, entweder die Mann-


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