BundesratStenographisches Protokoll727. Sitzung / Seite 151

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Und wenn Sie jetzt sagen: Weg mit dem Herkunftslandprinzip!, so kann man mit mir selbstverständlich darüber reden. Ich durfte zum Beispiel auch in der „Kronen Zeitung“ vor einigen Tagen in einem Gastkommentar formulieren, dass wir in den zentralen Rechtsbereichen wie dem Umweltrecht, dem Arbeitsrecht, dem Sozialrecht das Ziel­landprinzip brauchen werden.

Aber zu sagen, das Herkunftslandprinzip brauchen wir überhaupt nicht – sehr geehrte Frau Bundesrätin, ich weiß, dass Sie die Kenntnisse haben, einschätzen zu können, dass es dann überhaupt nichts mehr braucht. Das ist der rechtliche Status quo. Wir leben in Europa, Österreich ist seit zehn Jahren Mitglied der Europäischen Union, und eine der zentralen Freiheiten in der Europäischen Union ist die Dienstleistungsfreiheit. Die gibt es! Nach dem Ziellandprinzip können auch Sie nicht, kann auch der Österrei­chische Gewerkschaftsbund keinen Franzosen, keinen Engländer, keinen Deutschen daran hindern, nach unseren Vorschriften hier in Österreich Dienstleistungen anzubie­ten und zu betreiben. Das haben wir schon! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Stellen Sie daher nicht so apodiktisch Dinge in den Raum, die so nicht stimmen, son­dern halten Sie sich an das, was Ihr Präsident Verzetnitsch gemeinsam mit dem frühe­ren holländischen Gewerkschaftschef Wim Kok im Kok-Bericht formuliert hat! Wir brau­chen schnellstens Dienstleistungsfreiheit, und zwar auf geeigneten Wegen, und über diese Wege sind wir uns im Übrigen nicht so uneinig, weil wir zum Beispiel das Glücks­spiel gemeinsam ausnehmen wollen, weil wir zum Beispiel eine klare Abgrenzung zur Entsenderichtlinie, zur Diplomanerkennungsrichtlinie brauchen, weil wir zum Beispiel Daseinsvorsorge wie zum Beispiel den Bereich Gesundheit und Sozialdienstleistungen hier auch ausgenommen haben wollen.

Ich erwarte dann von den österreichischen Arbeitnehmervertretern und Gewerkschaf­tern auch Solidarität, Solidarität, wenn es darum geht, den Arbeitnehmervertretungen zum Beispiel in den zehn neuen Mitgliedstaaten zu erklären, dass wir das, was sie wollen, nicht wollen. Denn die wollen nämlich genau das, was die Kommission vor zwei Jahren vorgeschlagen hat und was so nicht gehen wird. Das, was mich immer wieder „erfreut“, ist, dass Ihre Solidarität in der Regel 50 Kilometer östlich von Wien endet und, wenn es darum geht, mit den Slowaken, mit den Tschechen, mit den Ungarn über der­lei Dinge zu sprechen, die Dinge von Ihnen ganz anders gesehen werden. (Bundes­rätin Bachner: Das ist eine Unterstellung!)

Wenn Sie mich jetzt ansprechen und sagen „Unterstellung“ (Bundesrätin Bachner: Das ist eine Unterstellung und stimmt ganz einfach nicht!): Wer war es denn, der in Wahrheit den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten in Sachen Arbeitnehmerfreizügigkeit am nachhaltigsten hinterfragt hat? Wer war es denn, der über Jahre zuerst einmal das Erreichen von 75 und 80 Prozent der Einkommenshöhe des europäischen Schnittes in diesen Ländern verlangt hat, bevor ein Beitritt stattfinden könne, bevor Arbeitnehmer­freizügigkeit gelten könne? (Bundesrätin Bachner: Ja, wir waren das, Herr Minister! Gott sei Dank! Und jetzt seid ihr draufgekommen, dass es notwendig sein wird ange­sichts der Arbeitslosenrate, die wir momentan haben!)

Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, sehr geehrte Frau Bundesrätin, dann gäbe es den Beitritt dieser Länder nicht nur heute nicht, sondern vermutlich auch in fünf Jahren noch nicht. (Bundesrätin Bachner: Nein, das stimmt nicht!) Ich bin froh darüber, dass es ihn gegeben hat, denn diese Länder sind wichtige Partner für uns.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Aspekt noch, weil er mir wesentlich ist: Herr Bundesrat Einwallner hat das Thema Steuern einmal mehr angeführt. Die Unter­nehmenssteuerreform – Frau Bundesrätin Zwazl hat das ja deutlich ausgeführt – ist sicherlich keine Unternehmenssteuerreform, die gerade einmal 1 000 Unternehmun­gen – diese Zahl haben Sie in den Mund genommen, sehr geehrter Herr Bundesrat –


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