BundesratStenographisches Protokoll728. Sitzung / Seite 58

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Gestern fand eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates statt, in der die wahrhaft heikle und von Herrn Minister Platter heute großzügig und vor allem weiträumig umschiffte Frage der allfälligen CIA-Überflüge über Österreich behandelt wurde.

Auch diese Sitzung wurde für vertraulich erklärt. Daher weiß ich natürlich nicht, was dort geredet wurde – es war ja vertraulich. Aber glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, dass das eine etwas unbefriedigende Vorgangsweise vis-à-vis einem brennenden Thema ist? Herr Bundesminister Platter hat uns auch heute wieder gesagt, es sei ja gar nicht erwiesen, dass dieser eine in Rede stehende Flug, der bekannt ist, ein Flug der CIA war – ob es der einzige Flug war, weiß auch ich nicht, das ist ja auch vertraulich –, und man wisse schon gar nicht, ob da Gefangene an Bord waren.

Er hat es vorgezogen, auf meine ironische Frage nicht einzugehen. Bei solchen Flügen pflegt man sich ja bei der Kennung nicht mit „CIA-Flug“ mit zwei Mann Bewachung und vier gefesselten Gefangenen an Bord zu melden. Das ist eher nicht üblich.

Aber es geht im Wesentlichen um eines: Es gibt starke Indizien dafür, dass genau jene der CIA verbundene Luftlinie, die auch über Österreich unangemeldet geortet wurde, solche Gefangenentransporte durchgeführt hat. Das ist kein dumpfes Gerücht, son­dern das ist etwas, wofür es zumindest so viele Hinweise gibt, dass die Europäische Kommission und in diesem Fall vor allem der Europarat bereit sind, zu Aktionen zu schreiten.

Es gibt auch einen Sonderberichterstatter der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der diesen Informationen nachgeht und der die Regierungen, die dem Europarat angehören, ausdrücklich um eine Stellungnahme ersucht hat, für die, den Gepflogenheiten dieser Organisationen entsprechend, Ende Februar die Fallfrist ist. Ende Februar ist in der österreichischen Präsidentschaft.

Kommissar Frattini hat weiters klare Worte gefunden. Wenn es tatsächlich Gefäng­nisse auf dem Territorium eines EU-Staates oder EU-Beitrittskandidatenlandes gege­ben hat, in denen unter absoluter Verletzung jedweder Menschenrechte Häftlinge – mit oder ohne Folter – verhört wurden, dann ist von Seiten der Europäischen Union mit Maßnahmen gegen diese Staaten zu rechnen. Wenn es sich um ein Mitgliedsland handelt mit der Sistierung der Stimmrechte im Rat, wenn es sich um ein Noch-nicht-Mitgliedsland handeln sollte – das haben die Vertreter beider großer parlamentarischer Fraktionen, jene der EPP und der Sozialisten, klar gesagt –, dann wäre in diesem Fall der Beitritt neuerlich zu bewerten.

Das ist schweres Geschütz und es mit Recht schweres Geschütz. Auch da habe ich volles Verständnis dafür, dass die österreichische Präsidentschaft, während die briti­sche Präsidentschaft noch amtiert, dieser nicht in die Flanke hineinreden kann. Das ist absolut klar. Aber ich erwarte mir von der österreichischen Präsidentschaft, dass sie dann, wenn sie im Amt ist, so klare Worte finden wird, wie sie Kommissar Frattini gefunden hat, dass sie die Möglichkeiten der österreichischen Präsidentschaft nützt, zur Aufklärung beizutragen, und dass sie notfalls die Möglichkeiten, die die Verträge bieten, anzuwenden vorschlägt, um Sanktionen gegen deviante EU-Mitglieder oder EU-Kandidatenländer zu verhängen.

Das ist kein Orchideenthema. Da geht es um die Substanz des europäischen Projekts. Die Entziehung eines Menschen von seinem gesetzlichen Richter, die allfällige – in diesen Fällen nicht bewiesene – Anwendung von Folter, das Herumführen zu – in diesem Fall außereuropäischen – Verhörorten, wo die Verhörstandards, auf die wir Wert legen, zweifellos nicht eingehalten werden, das ist ein menschenrechtlicher Skandal ungeheuren Ausmaßes! Und wenn sich das im wahrsten Sinne des Wortes über unseren Köpfen abspielt, weil die gefesselten Gefangenen, selbst wenn es nicht zu einer europäischen Destination ist, zu Verhörzentren in irgendwelchen Mittelmeer-


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