BundesratStenographisches Protokoll728. Sitzung / Seite 64

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In der Parlamentskorrespondenz vom 29. September, also dem Tag, an dem im Nationalrat erstmalig ein Europatag abgehalten wurde, wird Minister Bartenstein folgendermaßen zitiert:

„Was das Herkunftslandprinzip angeht, so sei er der Auffassung, dass man davon grundsätzlich nicht abrücken sollte.“ Er könne sich eine Ausnahme „für den sensiblen Bereich der Daseinsvorsorge“ vorstellen.

Die Ablehnung des Herkunftslandprinzips ist aber in Österreich auch über Partei­grenzen hinweg sehr weit reichend. Wie wird sich also Österreich in dieser Frage positionieren? Werden Minister Bartenstein und die Industriellenvereinigung ihre Interessen durchsetzen, oder wird Österreich tatsächlich dafür sorgen, dass Sozial- und Lohndumping nicht möglich werden?

Einen Satz noch zum Europatag: Dass nicht nur die Bevölkerung immer wieder ihre Probleme mit der EU hat, sondern auch das österreichische Parlament, hat sich am Europatag im Nationalrat gezeigt. Es ist eine sehr gute Idee, dass EU-Themen verstärkt diskutiert werden, und das mit so viel medialer Aufmerksamkeit wie nur möglich. Es ist verständlich, dass beim ersten Anlauf noch nicht alles perfekt ablaufen kann – das wissen wir im Bundesrat auch. Wir haben bei unseren Diskussionen der Legislativ- und Arbeitsprogramme der Kommission zum Beispiel auch immer wieder unsere Schwierigkeiten. Es wird aber auch nicht möglich sein, mit ein oder zwei gelungenen medialen Inszenierungen Begeisterung für die EU zu wecken. Auch was die so genannte Europaskepsis betrifft, ist Ungeduld fehl am Platze, denn ein gesun­des Maß an Skepsis ist etwas durchaus Sinnvolles, und es kann nicht unser Ziel sein, dass die EU unkritisch als durchaus positiv dargestellt wird. Das Problem ist meiner Meinung nach eher, dass zwar sehr oft Kritik an der EU geäußert wird, dass diese aber dann sehr undifferenziert ist und eigentlich nicht auf inhaltlicher, tatsächlicher Kritik beruht, sondern eher auf einem Gefühl. Eine Kritik des Geschehens auf EU-Ebene, die auf inhaltliche Auseinandersetzung folgt und auf Informationen beruht, wäre eigentlich der Wunschzustand. Das wäre ein sehr gutes Zeichen für die Entwicklung der EU. Dahin sollten die Bemühungen gehen, das Bild der EU zu verbessern. Mehr Infor­mation über das politische Geschehen, mehr Information auch darüber, wofür die EU eigentlich zuständig und verantwortlich ist und wofür nicht, um tatsächliches Interesse und in weiterer Folge auch eine Identifikation mit der EU zu schaffen.

Das Ziel des viel zitierten Europa der Bürgerinnen und Bürger sollte es sein, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mit den Grundideen der EU identifizieren können, gleich­zeitig aber das politische Geschehen kritisch und aufmerksam verfolgen. Ich bin gespannt, ob es Österreich im Zuge seiner Präsidentschaft schafft, einen Schritt in diese Richtung zu machen. Ich bin sehr gespannt, wie sich der FPÖ-Klub und die FPÖ in dieser Situation verhalten werden. Wir haben schon die ersten Drohungen über eine Volksabstimmung zum Türkeibeitritt vorliegen. Das wird sicher nicht zu einer sach­lichen Debatte führen. Ich bin gespannt darauf, wie sich das weiterentwickelt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.13

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­rat Kneifel. – Bitte.

 


12.13.51

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geschätzte Frau Präsi­dentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich habe mit Aufmerksamkeit die Ausführungen meiner Vorredner verfolgt und habe auch die Feststellungen von Fraktionsobmann Konecny mit Respekt vernommen, die mit der Einsicht verbunden waren, dass diese Präsidentschaft in ein Gesamt-


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