BundesratStenographisches Protokoll728. Sitzung / Seite 71

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ich erwarte mir von der österreichischen Bundesregierung viel eindeutigere Zielsetzun­gen, mit denen sie auch Erfolg oder Misserfolg verbrieft.

Es geht nicht an, dass wir, wie schon bei der ersten Präsidentschaft, noch einmal eine unscheinbare Pflichtarbeit erfüllen. Okay, die erste Ratspräsidentschaft kam unmittel­bar nach dem Beitritt. Da waren wir noch überfordert, da hat man noch gesagt: still sein, durchtauchen, nicht auffallen, dann kann man auch nicht reinfallen. Aber nun sind wir doch schon sehr lange Mitglied der Europäischen Union. Man kann sich kaum mehr an die Zeit erinnern, in der wir noch nicht Mitglied der Europäischen Union waren, und jetzt kommt die zweite Präsidentschaft. Jetzt geht es nicht mehr darum, eine Pflicht abzuliefern, jetzt heißt es nicht: nicht auffallen, dann kann man nicht reinfallen!, sondern jetzt geht es darum, Akzente zu setzen. Diese Akzente erwarte ich mir beim Gipfeltreffen Europa-Lateinamerika-Karibik und vor allem in der für uns so wichtigen Frage Forschung und Wissenschaft, denn letztlich hängt damit auch die Bildung zusammen.

Österreich stand ja immer in dem Ruf, ein besonderer Brückenbauer zu sein, beson­dere Kenntnisse und auch einen historischen Auftrag zu haben. Ich will jetzt nicht Ihre Sprache verwenden und vom „Balkan“ reden, denn ich glaube, in der Region ist die Bezeichnung „Südosteuropa“ wesentlich beliebter; „Balkan“ hat noch immer eine andere Konnotation. Ja, es geht Ihnen um Serbien und Montenegro, aber es geht um ein Gesamtkonzept der Region! Was geschieht weiter? Bosnien-Herzegowina? Wir sind zwar engagiert, aber gerade was Südosteuropa betrifft, darf Österreich nicht nur Kroatien im Visier haben, sondern es muss die gesamte Region mit einem öster­reichischen Turbomotor von Initiativen ausgestattet werden.

Wir werden diesen Bericht, da es ja auch um ein gemeinsames Bemühen geht, selbstverständlich zur Kenntnis nehmen – wir haben ihn ja schon zur Kenntnis genom­men –, aber in einem Punkt, Herr Staatssekretär, wollen wir Ihnen noch etwas auf den Weg mitgeben – Frau Kollegin Lichtenecker wird das noch ausführen –, und zwar: Die Mehrheit von ÖVP, BZÖ und FPÖ hat hier einen Antrag von SPÖ und Grünen abgelehnt. Es ging um die Dienstleistungsrichtlinie, um unsere tiefe Sorge im Hinblick auf das Herkunftslandprinzip. Wir werden nun den von Ihnen mit Ihrer damaligen Mehrheit abgelehnten Entschließungsantrag heute gemeinsam mit der SPÖ erneut einbringen – schon allein deshalb, Herr Staatssekretär, weil das, was die Dienstleis­tungs­richtlinie betreffend in diesem Bericht enthalten ist, wirklich besorgniserregend ist.

Die Dienstleistungsrichtlinie ist nach wie vor nicht vom Tisch, schwebt nach wie vor über uns. Ein chaotischer Abstimmungsprozess über tausend verschiedene Abände­rungsanträge im Europäischen Parlament zieht unter Umständen ein Regelwerk nach sich, das sozialrechtlich, arbeitsrechtlich von den Standards, die wir in Österreich vorsehen, abgeht und in Verbindung mit den 25 verschiedenen Rechtsmaterien nicht durchführbar ist. Deshalb wird Frau Kollegin Lichtenecker noch einmal diesen Antrag einbringen. Dass Österreich etwas im Auge behält, wozu Sie seinerzeit einen Antrag verabschiedet haben, in dem Sie einen offensichtlich amtsmüden Minister aufgefordert haben, auch weiterhin dabei zu sein und mitzudiskutieren, das wollen wir heute schär­fen. Es dient der österreichischen EU-Präsidentschaft, wenn sie so etwas Geschärftes mit in ihren Unterlagen findet. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


12.48.06

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf


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