BundesratStenographisches Protokoll728. Sitzung / Seite 73

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Zur Dienstleistungsrichtlinie und unserem heutigen Antrag, der, wie ich hoffe, eine ganz breite Mehrheit finden wird. Wenn wir Ihnen das mit auf den Weg geben dürfen, Herr Staatssekretär Winkler: Das ist doch auch ein Anschlag auf unser berufliches Bildungssystem, denn wenn bei uns jeder zu den Bedingungen arbeiten kann, die bei ihm zu Hause herrschen, dann wird es schlimm!

Ich darf daran erinnern, dass wir in Österreich zurzeit 120 000 Lehrlinge ausbilden; davon immerhin 59 000 im Gewerbebereich. Und das sind diejenigen, die ganz beson­ders von dieser EU-Dienstleistungsrichtlinie betroffen sind.

Weiters darf ich daran erinnern, dass innerhalb von drei Jahren von 188 000 Arbeits­plätzen im Baubereich nur mehr 170 000 Arbeitsplätze übrig geblieben sind; anführen darf ich da etwa nur Zimmerer, Dachdecker, Spengler und so weiter. Das sind alles Betroffene dieser EU-Dienstleistungsrichtlinie, und trotzdem ist zu dieser – aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen – Wirtschaftsminister Bartenstein immer gestanden.

Zum beruflichen Schulwesen in Österreich: Ich darf daran erinnern, dass es in Öster­reich 327 000 Schüler in berufsbildenden höheren und mittleren Schulen gibt. Daher: Diese Standards werden unterlaufen, wenn wir diese Dienstleistungsrichtlinie und damit den Import von unqualifizierten Arbeitskräften in unser Land zulassen! Und weiters halte ich es für ganz wichtig, in diesem Zusammenhang auch an den Kon­sumentenschutz, an Gewährleistungen und dergleichen mehr zu erinnern.

Seit unserem letzten Antrag hiezu, der jedoch leider keine Mehrheit gefunden hat, hatte aber jetzt jeder die Möglichkeit, eine Nachdenkphase einzulegen, und wir hoffen daher, dass dieser Antrag, den wir Ihnen heute sozusagen mitgeben wollen, Herr Staatssekretär Winkler, nunmehr eine breite Mehrheit finden wird. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.54


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bun­desrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


12.54.27

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Werte Gäste hier im Parlament! Die Dienstleistungsrichtlinie, der Beschluss, der im EU-Binnenmarkt­ausschuss hiezu am 22. November erfolgte, muss nach wie vor als sehr bedenklich bezeichnet werden. Hiezu sind ja über 1 500 Änderungsvorschläge eingegangen, Vorschläge, die aus den verschiedensten Ländern gekommen sind, wobei ja da ganz klar die Sorge zu erkennen war, entsprechende Standards im Bereich soziale Sicherheit, im Bereich Konsumentenschutz, aber natürlich auch im Umwelt- und Gewerberecht zu sichern.

Was ist geschehen? – Die erste Verhandlungsrunde ist so ausgegangen, dass es de facto kein großartiges Abrücken vom Herkunftslandprinzip gegeben hat, damit der Nivellierung der Standards nach unten Tür und Tor geöffnet wurde – und das mit dem Argument, einen Binnenmarkt zu schaffen, der stark ist und sich im internationalen Wettbewerb behaupten kann.

Meiner Überzeugung nach kann sich ein Binnenmarkt nur behaupten, wenn man gemeinsame Standards schafft, die den Markt stärken, und wenn man insbesondere auch darauf Augenmerk legt, dass im steuerlichen Bereich gemeinsame beziehungs­weise harmonisierte Steuersätze festgelegt werden, um die Unternehmungen sowie auch die Kaufkraft die Bevölkerung zu stärken.

 


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