BundesratStenographisches Protokoll728. Sitzung / Seite 78

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den Rat vorgegeben ist. Das heißt, es bleibt ein relativ kleiner Spielraum dafür übrig, was sich eine Präsidentschaft mit hoher Priorität vornehmen kann.

Es wurde – und dafür bin ich auch sehr dankbar – von allen Rednern zustimmend gesagt, dass zu begrüßen ist, dass sich die österreichische Präsidentschaft vorge­nommen hat, für die Balkanregion eine Priorität zu setzen. Ich kann Herrn Bundesrat Schennach nur Recht geben – auch ich stolpere immer wieder über den Begriff „Balkan“ oder „Westbalkan“, in allen Dokumenten der Europäischen Union findet sich dieser Ausdruck, es ist sozusagen der Terminus technicus, über den wir nicht hinweg­kommen, aber natürlich sprechen wir von den Ländern der Region Südosteuropa.

Ich glaube, dass mannigfaltig Gründe dafür sprechen, dass sich die österreichische Präsidentschaft dieser Region ganz besonders widmet. Die historischen und menschlichen Verbindungen in diese Region wurden bereits erwähnt. Es sind darüber hinaus – das möchte ich an die erste Stelle stellen – natürlich auch sicherheitspoliti­sche, stabilitätspolitische Überlegungen, die dazu führen, dass wir uns dieser Region ganz besonders annehmen wollen.

In der Tat ist das europäische Friedensprojekt heute etwas Selbstverständliches geworden. Der Generation meiner Tochter – sie ist 22 Jahre alt – bedeutet der Frieden in Europa gar nichts mehr; er ist selbstverständlich geworden. Wer würde heute noch von einem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich oder zwischen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgehen? Das ist undenkbar, aber das Friedensprojekt Europa, das Projekt Europa als Vorkämpfer für bestimmte Werte ist heute so aktuell wie früher.

Und wenn wir heute davon sprechen, dass es noch eine Gefahr für die Stabilität, für den Frieden in Europa geben kann, dann ist das die Region des Balkans, dann ist das die Region Südosteuropa, wo, wie wir im März vergangenen Jahres gesehen haben, immer noch gewisse Gefahren gegeben sind. Daher glauben wir, dass wir durch eine Bekräftigung – und das ist der Sinn dieses Balkan-Schwerpunktes – der europäischen Perspektive für diese Länder diese Länder ermutigen, weiterhin auf dem Weg der Reformen, auf dem Weg der Annäherung und der Eingliederung in Europa weiter­zugehen. Und dabei wollen wir diesen Ländern helfen.

Es ist keineswegs so, dass wir uns nur auf das eine oder andere Land konzentrieren wollen – es wurde, glaube ich, gesagt, dass wir uns nur auf Serbien und Montenegro konzentrieren wollen, nur auf den Kosovo-Konflikt. Nein! Unsere Absicht ist es, uns in diesem halben Jahr der Situation in allen betroffenen Ländern zu widmen, zu schauen, wie weit diese Länder auf ihrem Weg nach Europa sind, was wir dazu beitragen können, sie in dieser europäischen Perspektive zu bestärken. Das ist ein ganz besonders wichtiges Anliegen der österreichischen Präsidentschaft, und das ist eine echte Kürleistung, wenn Sie so wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind sehr viele Themen erwähnt worden, ich kann nicht auf alle eingehen, und zwar auch deswegen, weil ich hier als Staatssekretär im Außenministerium spreche und viele Themen, die hier angesprochen worden sind, nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fallen – das heißt aber nicht, dass ich mich davor drücken möchte –, aber ich möchte doch noch das eine oder andere Wort zu den in der Debatte vorgebrachten Punkten sagen.

Erstens: Erweiterung. Die Erweiterung ist ein Thema, das zweifellos – vor dieser Tat­sache können wir uns nicht verstecken – auch zum Vertrauensschwund in der Bevölkerung beigetragen hat. Wahrscheinlich ist sehr vieles zu schnell gegangen, vielleicht ist auch zu vieles erfolgt, ohne dass die Menschen das Gefühl gehabt haben, dass man sie fragt, was sie eigentlich haben wollen.

 


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