BundesratStenographisches Protokoll728. Sitzung / Seite 79

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Was nun ganz konkret die einzelnen Schritte der Erweiterung betrifft, möchte ich doch sehr dezidiert dem widersprechen, was hier gesagt worden ist, nämlich dass sich die österreichische Präsidentschaft zum Beispiel vornimmt, in der Frage Türkei nichts zu tun. Die laufenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und die laufenden Beitritts­verhandlungen mit Kroatien sind nunmehr auf Schiene. Der Beschluss durch den Rat ist gefallen, nunmehr finden die ganz normalen Prozeduren statt. Es gibt Arbeits­gruppen, die Kommission macht ihre Fortschrittsberichte, das Parlament diskutiert diese Fortschrittsberichte regelmäßig – die Präsidentschaft kann hier relativ wenig beitragen. Es liegt nicht an der Präsidentschaft, in einem Fall auf das Gaspedal und im anderen Fall auf die Bremse zu steigen, sondern das nimmt den normalen Lauf. Es gibt jetzt, wie Sie wissen, ein „Acquis Screening“, und danach werden die einzelnen Kapitel, eines nach dem anderen, einer Prüfung unterzogen.

Was die Frage Rumänien und Bulgarien betrifft, so wissen wir alle, dass der Beitritts­vertrag unterschrieben worden ist, dass er in der Zwischenzeit von sieben oder acht Staaten ratifiziert worden ist und er – er wurde auch von Österreich unterschrieben – die Möglichkeit vorsieht, den Beitritt, wenn es nunmehr tatsächlich erforderlich sein sollte, um ein Jahr zu verschieben. Hier ist zunächst die Kommission am Ball. Die Kommission, die regelmäßig Fortschrittsberichte macht, wird dem Rat vorzuschlagen haben, wie da vorzugehen ist.

Ich darf auch auf die Kritik, die hier vorgebracht worden ist, eingehen, dass die Bundesregierung, die einzelnen Bundesminister den Artikel 23e der Bundesverfassung nicht erfüllen. Ich widerspreche dem. Ich habe mir die Zahl geben lassen. Es sind in dieser Legislaturperiode 56 000 Dokumente vorgelegt worden, und ich kann Ihnen versichern – ich weiß das –, dass sich die Bundesregierung dieser Verantwortung sehr wohl sehr bewusst ist und alle Vorhaben – und dieser Begriff, der, wie Sie wissen, zu Beginn, nachdem diese Bestimmung eingefügt wurde, etwas schwammig war und von dem nicht ganz klar war, wie er auszulegen ist, wird nun extensiv ausgelegt – unverzüglich an das Parlament weiterleitet.

Was die angesprochene Frage der Verlängerung der Übergangsfristen betrifft, so ist diese Entscheidung bis Ende April, bis Ende des ersten Quartals fällig. Es ist also keineswegs noch in irgendeiner Form irgendeine Informationspflicht hier verletzt worden. Das möchte ich doch mit allem Nachdruck feststellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nur am Rande darf ich erwähnen – weil ich mich auch ein bisschen betroffen fühle, nicht in meiner neuen Eigenschaft als Staatssekretär, sondern in meiner früheren Eigen­schaft als Beamter des Außenministeriums –: Gar so unauffällig war die erste österreichische Präsidentschaft keineswegs. Ich glaube, die erste österreichische Präsidentschaft war eine sehr gute. Es hat immerhin die sehr wichtige Entscheidung über die Aufnahme der Verhandlungen mit den zehn in der Zwischenzeit Mitglied­staaten gewordenen Ländern gegeben. Ich glaube, das war schon eine sehr wichtige Leistung, und möchte mich durchaus gegen den Begriff „unauffällige Präsidentschaft“ wehren. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind hier in mehrfacher Hinsicht die Menschenrechte angesprochen worden. Ich bitte, mir zu glauben – die, die mich von früher kennen, wissen das –, dass ich mich den Menschenrechten in ganz besonderem Maße verpflichtet fühle. In der Tat ist die Gründung der Europäischen Menschen­rechtsagentur eine ganz wichtige Aufgabe. Ich glaube, wir Österreicher können sehr stolz darauf sein, dass die Europäische Menschenrechtsagentur in Wien angesiedelt sein wird.

Ich kann den Befürchtungen, die in diesem Zusammenhang immer wieder geäußert werden, auch als ehemaliger Ständiger Vertreter Österreichs beim Europarat sehr


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