BundesratStenographisches Protokoll728. Sitzung / Seite 179

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

sekretärs konfrontiert wurden, er spreche da für den BZÖ-Teil der Bundesregierung. – Also ich füge hinzu: Ich spreche für den SPÖ-Teil der Opposition.

Nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter: Double standards kann es bei politi­schen Verhandlungen nicht geben, Tricks – und das ist ein Trick – auch nicht! Dass diese Tricks im Übrigen Bereiche betreffen, wo wir aus guten Gründen Einwände vorbringen, das haben meine Kolleginnen und Kollegen bereits dargelegt, aber ich will, wie ich das auch angekündigt habe, dieses Thema jetzt nicht mehr aufgreifen. Ich verkneife mir auch, zu den Ausführungen des Kollegen Kritzinger auch nur einen Satz zu sagen, und zwar aus guten Gründen.

Der Kernpunkt ist jedenfalls: Wie viel Erodierung des österreichischen Arbeitsmarktes sowie der österreichischen Sozial- und Lohnstandards wollen wir ermöglichen? – Wir von der SPÖ sicherlich möglichst wenig; Sie von den Regierungsparteien offensichtlich möglichst viel. (Zwischenruf des Bundesrates Mitterer.) – Gut, dann machen Sie ein neues Gesetz und kommen Sie dann mit dieser Vorlage! Wir werden dem dann gerne zustimmen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mitterer.) – Wir bieten Ihrer Nationalratsfraktion vermutlich auch die Möglichkeit zu dieser Sinnesänderung.

Ich wende mich jetzt ausdrücklich an die Vertreter der österreichischen Wirtschaft, und zwar an jene, die behauptet haben, dass sie in deren Namen sprechen, und ebenso wende ich mich an die Vertreter der österreichischen Landwirtschaft. (Bundesrat Schennach: Das kann nur die Präsidentin! – Weitere Zwischenrufe.) – Es wurde hier für „die Wirtschaft“ und für „die Landwirtschaft“ von einigen Mitgliedern Ihrer Fraktion gesprochen.

Ich sage ganz offen und direkt: Wenn in unserem Land Arbeitsplätze nur auf der Basis gesichert werden können, dass an beziehungsweise unter der Grenze dessen, was man zum Leben braucht, bezahlt wird, dann ist es tatsächlich so, dass wir uns über die Wirtschaftsstruktur dieses Landes ernsthaft unterhalten müssen!

Es kann nicht so sein, dass im Namen einer angeblichen Konkurrenzfähigkeit mit Arbeitskräften operiert wird, die all das tun müssen, was wir anprangern: Aufent­haltstitel umgehen, Sozialstandards umgehen, Lohnuntergrenzen unterschreiten. (Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Unterstellung!) – Nein, das ist keine Unterstellung, Herr Kollege! Es ist ja auch schon in Zwischenrufen darauf hingewiesen worden, dass es eines der Probleme der österreichischen Tourismuswirtschaft ist, dass sie so jäm­merlich zahlt! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Österreicherinnen und Österreicher haben zehntausendfach diese Branche verlassen, weil sie von diesen Löhnen nicht leben können! (Bundesrat Mitterer: Vom Gewerk­schaftsbund ausgehandelt!) – Entschuldigen Sie, Herr Präsident, ich lasse mich wirklich nur ungern mit dem Präsidenten des Hauses in ein Zwischenrufduell ein, aber wahr ist, dass diese ausgehandelten Löhne in dieser Branche, in der die gewerk­schaftliche Organisation bedauerlicherweise nicht so stark ist, wie wir uns das wünschen würden, regelmäßig und massenhaft missachtet und unterschritten werden!

Die Arbeitsinspektorate können Ihnen von den Arbeitsbedingungen in dieser Branche lange Fortsetzungsromane erzählen; ebenso die Arbeiterkammern über die Lohn­niveaus, die tatsächlich bezahlt werden! Das können wir aber gerne einmal gesondert – und nicht um diese Tageszeit – erörtern.

Die Abwanderung österreichischer Arbeitskräfte, und zwar hoch qualifizierter öster­reichischer Arbeitskräfte, aus dieser Branche hat doch nichts mit deren Arbeitsunwillen oder mit einer Nichtbereitschaft, ein paar Monate im Jahr außerhalb der Ballungs­zentren zuzubringen, zu tun, sondern ausschließlich damit, dass diesen Arbeit-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite