Bundesrat Stenographisches Protokoll 729. Sitzung / Seite 17

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essanterweise bei der Abstimmung der Stimme enthalten, was auch wiederum zeigt, dass der Weg bis zur ersten Lesung im Europäischen Parlament, die voraussichtlich im Jänner – man hört, es könnte auch Februar werden – stattfinden wird, noch ein durch­aus steiniger sein könnte. Davon ausgehend, stellt sich dann die Frage, wie lange die Kommission braucht, um auf Basis der Ergebnisse der ersten Lesung einen überarbei­teten – aus meiner Sicht: einen völlig überarbeiteten – Vorschlag vorzulegen. Diesen Vorschlag wird dann die Präsidentschaft Österreichs engagiert vorantreiben und zur Bearbeitung stellen.

Vom Inhaltlichen her bin ich der Auffassung, dass es ein gemeinsames Ziel sein muss, die Dienstleistungsfreiheit in Europa zu verwirklichen, dieses Grundrecht der Europäi­schen Union. Dieser Auffassung ist auch die so genannte Kok-Kommission engagiert beigetreten; eines der 13 Mitglieder der Kok-Kommission war ja Herr Präsident Verzet­nitsch. Dort ist es als oberste Priorität bezeichnet worden, Dienstleistungsfreiheit in Europa herzustellen.

Der Weg dorthin ist ein umstrittener, das wissen wir. Ich gehe davon aus, dass einige Prämissen außer Streit stehen, in Österreich und auch anderswo, nämlich dass Dienst­leistungsfreiheit nicht um den Preis von Sozial- oder Lohndumping erfolgen kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann niemand in Österreich und auch niemand in Europa wollen.

Inwieweit sich beispielsweise Rechtsvorschriften wie Arbeitsrecht, Baurecht oder Um­weltrecht nach dem jeweiligen Ziellandprinzip zu richten haben, wird der zu erwartende Entwurf der Kommission zeigen und letztlich auch die erste Lesung im Parlament erge­ben. Daseinsvorsorge ist für uns etwas aus dem Bereich der sozialen Dienstleistungen, die wir von der Dienstleistungsfreiheit nicht in vollem Ausmaß umfasst sehen wollen.

Wenn diese Safeguards eingehalten werden, dann ist, glaube ich, der Weg frei für eine Richtlinie, die auf der Basis eines vernünftigen Mixes aus Herkunfts- und Zielland­prinzip diese Dienstleistungsfreiheit in Europa herbeiführt und damit die Grundlage für Wachstum und mehr Beschäftigung schafft.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht, Herr Bundesrat? – Ich bitte, sie zu stellen.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Haben Sie Ihre leider zum Nachteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befürwortete Haltung bezüglich der Möglichkeit der individuellen Abweichung von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit binnen 36 Mo­naten in der Arbeitszeitrichtlinie nun geändert?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesrat! Das ist eine Frage, aber sicher keine Zusatzfrage, weil die Arbeitszeitrichtlinie mit der Dienstleistungsfreiheit nichts zu tun hat, aber ich bin nicht Herr der Geschäftsordnung des Hohen Bundesrates.

Abgesehen davon sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit, dass ich im Gegensatz zu man­chen Gewerkschaftsvertretern Europas sehr wohl das Wohl der Arbeitnehmer ständig vor mir sehe und zu einem meiner Prinzipien erklärt habe, und zwar schon längst dazu erklärt habe. Ich darf Ihnen das am Beispiel der Arbeitszeitrichtlinie sehr gern erörtern.

Da gibt es nämlich, unterstützt von etlichen Gewerkschaften in alten EU-Mitgliedslän­dern und erst recht in neuen EU-Mitgliedsländern, allen Ernstes die Position mancher EU-Mitgliedstaaten, die Höchstarbeitszeiten in Sachen Arbeitszeitrecht nicht pro Arbeit­nehmer, sondern pro Arbeitsvertrag zu umfassen. Mir geht bis jetzt die große solida­rische Erregung in Europa ab, dies sofort und eindeutig abzustellen. Aber wenn das in


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