Bundesrat Stenographisches Protokoll 730. Sitzung / Seite 18

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Staatsbürgerschaftsgesetzes sollte nämlich den Integrationsgedanken, den Angebots­gedanken als Grundlage haben, aber nicht die Abwehr, die Verschärfung, das Hinaus­zögern, das undifferenzierte Gleichmachen, egal ob Menschen in Not sind oder nicht, das nicht individuelle Behandeln von Lebens- und Familiensituationen. Es geht darum, Menschen mit Rechten und Pflichten auszustatten, um in einer Gesellschaft zu partizi­pieren. Aber was machen wir? – Wir setzen auf Abwehr, wir setzen auf Verzögerung.

Ein modernes und zeitgemäßes Staatsbürgerschaftsgesetz soll Hilfen der Integration anbieten. Es soll die Möglichkeit bieten, dort, wo Missbrauchsverdacht besteht, eine Handhabe zu haben, keine Frage, oder auch dort, wo Fehler sind, keine Frage; aber es geht darum, den Menschen Integration zu erleichtern, insbesondere deshalb, weil wir hier vielfach auch innerfamiliäre Beziehungen determinieren und regeln.

Meine Damen und Herren! Wenn wir vom Föderalismus reden: Die Länderreferenten und -referentinnen haben das alte Staatsbürgerschaftsgesetz immer als nachvollzieh­bar betrachtet, und es gab durch die Treffen der Länder auch eine Österreich-einheit­liche Praxis im Vollzug. Der Wunsch der Länder war immer: keine Veränderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes, solange sich die Länder nicht zu einer Meinung zusam­menfinden. Und der frühere Innenminister hat immer gesagt: Solange die Länder nicht aus einem Mund sprechen, möchte ich es nicht verändern.

Bei dieser Novellierung sind die Länder nicht eingebunden gewesen, sie werden jetzt mit einer Staatsbürgerschaftsrechts-Änderung konfrontiert, die sie so, in der Form, nicht wollten. Es kann in Wirklichkeit niemand erklären – außer mit dem Argument der Abwehrhaltung –, warum jetzt ein von den Ländern als praktikabel, als nachvollziehbar, als tauglich befundenes Gesetz aus Jux und Tollerei und auf Grund von Ängsten ver­ändert wird, die so nicht da sind.

Wenn wir jetzt einmal die Verschärfungen in diesem Gesetz sehen, die einen Ein­spruch hervorrufen – nein, ich gehe noch einen Satz zurück: Unser Einspruch, den wir heute hier erheben, begründet sich auch aus der Perspektive, dass die Länder hier nicht in der geeigneten Form eingebunden waren, dass die Länder ein Gesetz als taug­lich betrachtet haben und dass nun diese niemals, auch von der Regierungsseite her nie offen und ehrlich diskutierte Änderung – denn alles, was seitens der Regierung bis­her gesagt worden ist, ist nie auf die wirklichen und ehrlichen Motive eingegangen – erfolgt. Deshalb der Einspruch aus föderaler Sicht!

Aber ich möchte auch einmal inhaltlich an die Sache herangehen, und da kommen schon die Schamgrenzen zutage. Zum Beispiel bei anerkannten Flüchtlingen: eine Fristverlängerung der Einbürgerungsmöglichkeit bei anerkannten Flüchtlingen von vier auf sechs Jahre. – Warum?

Zweitens: Personen mit Refoulementschutz haben nun eine von sechs auf fünfzehn Jahre verlängerte Wartefrist. Diese Leute haben ja nicht einmal einen Pass – fünfzehn Jahre Warten ohne Pass! Das sind Grundrechte, meine Damen und Herren, die hier in der Tat verschärft werden, was mehr als eine Schamesröte hervorrufen müsste.

Minderjährige: dort, wo eigentlich die Integration am meisten greifen müsste – wir ha­ben heute noch ein Schulpaket auf der Tagesordnung –, Wartefrist bei Minderjähri­gen – lassen Sie sich das auf den Lippen zergehen – von vier auf zehn Jahre verlän­gert! Von vier auf zehn Jahre bei Minderjährigen verlängert! Wo greifen hier Integrati­onsbemühungen? – Wir müssen uns um die dritte, vierte und fünfte Generation in einer Art und Weise bemühen und ihnen nicht die kalte Schulter einer Gesellschaft hinhalten. Auch bei Minderjährigen, die in Österreich geboren wurden, gibt es eine Verschiebung von vier auf sechs Jahre.

 


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