Bundesrat Stenographisches Protokoll 730. Sitzung / Seite 23

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Es handelt sich um den Fall einer aus der Russischen Föderation stammenden jungen Frau. Das ist eine junge Frau, die einen Österreicher geheiratet hat, die im Dezem­ber 2005 bereits drei Jahre lang in Österreich gelebt hat und genau so lange verheira­tet war. Es ist eine qualifizierte Frau, sie ist Fachärztin für Neurologie.

Innerhalb von wenigen Monaten hat sie es geschafft, die Nostrifizierung ihrer Ausbil­dung hier in Österreich zu bekommen. Das ist nicht einfach. Menschen, die sich damit auskennen, wissen, wie schwierig das ist. Sie hatte bereits eine Stelle als Assistenz­ärztin zugesagt bekommen. Das ist dann durch die Ärztekammer ein bisschen blockiert worden. Und sie hat trotz dieser hohen Qualifikationen – sie war in Russland nämlich an einer Uni-Klinik tätig – de facto ein Arbeitsverbot bis zu ihrer Einbürgerung.

Der Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft ist natürlich längst eingebracht. Wer sich mit solchen Ländern auskennt, weiß, wie lange es dauert, bis die notwendigen Dokumente aus einem Land wie Russland endlich einmal in Österreich einlangen. Der Antrag hat also nicht früher eingebracht werden können. Eine Überprüfung dauert ihre Zeit, zwei bis drei Monate dauert so eine Anspruchsüberprüfung. Dann – die drei Mo­nate waren quasi schon erfüllt – sollte dieses Gesetz in Kraft treten. Und aus die Hoff­nung auf einen Arbeitsplatz, auf Integration, auf die Möglichkeit zu arbeiten – trotz aller Integrationsbemühungen und guter Deutschkenntnisse dieser Frau!

Es gibt viele, viele solcher Fälle; Menschen, die sich um die Einholung der nötigen Do­kumente bemühen – was im Übrigen ganz schön teuer ist –, die eine Lebensplanung haben et cetera, die sprachlich und kulturell integriert sind, die einen Beitrag leisten wollen zum Wohle des Staates, des Landes, in dem sie jetzt leben.

Und ihnen allen sagen Sie: Weitere drei Jahre zurück auf die Wartebank! Interessiert uns nicht. – Hier werden Hoffnungen zerstört und Integrationsbemühungen völlig zu­nichte gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bundesrat Dr. Kühnel: Was ist die Staatsbürgerschaft?) – Sie können gerne erklären, wenn das für Sie etwas an­deres bedeuten sollte, als im Staatsvertrag steht. (Neuerlicher Zwischenruf des Bun­desrates Dr. Kühnel. – Bundesrat Boden: Er versteht es nicht! Er hat nur vier Klassen Pflichtschule!)

Ich komme zum zweiten Punkt, werte Kolleginnen und Kollegen. Das ist auch eine Tat­sache, die mir besonders wichtig ist, nämlich dieser so genannte Sitzenbleiber-Passus, der auch schon angesprochen worden ist. Er ist mir deshalb wichtig, weil ich persönlich auch von so einer Maßnahme betroffen bin.

Es ist zwar eine gewisse Abmilderung vorhanden – nicht nur auf Grund der Proteste der SPÖ, sondern viele haben sich dagegen gewandt –, trotzdem sieht dieses Gesetz jetzt immer noch vor, dass die Schulpflichtigen der fünften Schulstufe einerseits eine positive Deutschnote vorweisen müssen, andererseits ein Test absolviert werden muss.

Meiner Meinung nach ist diese Regelung weder menschlich ... (Bundesrat Konecny: Lehrer haben nicht immer Erfolg!) – Ich weiß, ich weiß, aber ich bemühe mich ohnehin (in Richtung des Bundesrates Dr. Kühnel), es ihm beizubringen, aber es ist natürlich schwierig, wenn man nicht zuhören kann, dann irgendwie mitzukriegen, was der Be­treffende meint. Aber ich bemühe mich. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bun­desrat Konecny: Lehrer haben nicht immer Erfolg!) – So ist es, völlig richtig. Das weiß ich aus meiner persönlichen Berufserfahrung, die ich jetzt gleich noch dazu einbringen möchte.

Ich frage Sie erstens, was die Kinder dafür können. Wer bringt ihnen denn die notwen­digen Deutschkenntnisse bei? Die LehrerInnen, die nicht oder viel zu wenig vorhanden sind? Die Lehrerinnen und Lehrer, die gar nicht ausgebildet worden sind für diese


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