Bundesrat Stenographisches Protokoll 730. Sitzung / Seite 89

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Mit der Chronologie des Ortstafelstreites kommen wir vielleicht einmal ein bisschen zur Sachlichkeit. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Molzbichler.) – Das steht in der Zeitung. Bitte schön, das sind Fakten!

1955 verpflichtet uns der Staatsvertrag zur Errichtung zweisprachiger Ortstafeln im Gebiet der slowenischen und kroatischen Minderheit, was uns der Kollege aus dem Burgenland heute schon gesagt hat.

1972: Ortstafelgesetz der Regierung Kreisky sieht zweisprachige Ortstafeln in Kärnten in 205 Ortschaften vor. – Daraufhin gibt es Proteste, die Zerstörung der Ortstafeln; der Landeshauptmann von Kärnten muss zurücktreten.

1977: In der Ortstafelregelung sind zweisprachige Ortstafeln für 91 Ortschaften vorge­sehen. Errichtet werden tatsächlich 72.

2001: Verfassungsgerichtshof kippt die Regelung von 1977, Attacken von Landes­hauptmann Haider gegen Verfassungsgerichtshofpräsidenten Adamovich.

2002 bis 2005: Fünf Konsenskonferenzen und Verhandlungen in Kärnten zur Umset­zung des Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses bringen keine Einigung.

Das ist die Situation, vor der wir stehen. Aber eines muss man sagen, Herr Kollege aus dem Burgenland, Kollege Sodl: Die Konfliktpotentiale in Kärnten sind anders, das ist ein bisschen ein Unterschied. Ich bin sehr froh, dass ihr im Burgenland diese Konflikt­potentiale nicht habt. Und jedem Kärntner wäre es recht, wenn wir dieses Problem aus der Welt hätten.

Aber, wie man es macht, der Weg dorthin, der soll ja gemeinsam gefunden werden. Man kann doch nicht ohne Feststellung etwas tun. Dann wäre es ja einfach, dass man sagt: 15, 20 oder 30 Prozent sind die Grundlage. Wenn man das nicht weiß und der jeweilige Bürgermeister spricht sich dagegen aus, dann ... (Zwischenruf des Bundes­rates Molzbichler.)

Nein! Passt auf! In Kärnten kommt ja etwas dazu. Im Burgenland war die Situation 1918 anders, im Burgenland war die Situation 1945 anders. (Bundesrat Konecny: Was soll das? Sie war genau dieselbe! Sie haben keine Ahnung!) – Wohl, bei uns in Kärn­ten ist 1918 die slowenische Armee einmarschiert. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nein! Moment, das war etwas anderes. 1945, Herr Kollege Konecny, sind die slowenischen Verbände wieder einmarschiert! Über 600 Kärntner hat man verschleppt! (Rufe bei der SPÖ: Oh! Ui!)

Diese Situation ist in Kärnten nach wie vor gegeben. Das ist der Unterschied zur Situa­tion im Burgenland, wo es Gott sei Dank friedlich war. Und das, glaube ich, sollte man zusätzlich immer wieder zur Diskussion stellen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ja nicht alles. Wenn SPÖ-Chef Gusenbauer dann wirklich Öl ins Feuer gießt und am 23. Jänner sagt ... (Rufe bei der SPÖ: Was denn?) – Der SPÖ-Chef hat bei einer Podiumsdiskussion etwas zum Bes­ten gegeben, was er bis dahin nur im privaten Kreis ausgeführt hat, nämlich dass Jörg Haider nur deshalb noch frei herumlaufe, „weil es in Österreich die offene Psychiatrie gibt“.

Meine Damen und Herren, wenn das politische Kultur ist! (He-Rufe bei der SPÖ – Bundesrat Gruber: Hör auf! Was hat denn der Haider schon alles gesagt?) Ich stelle fest: Dies ist sehr bedenklich! Meine Herren, das ist sehr bedenklich! Das, glaube ich, wollen die Kärntner nicht! (Bundesrat Gruber: Das ist traurig! So etwas zu unterstellen! Das ist eine Frechheit! – Vizepräsidentin Haselbach gibt das Glockenzeichen.)

 


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