Bundesrat Stenographisches Protokoll 730. Sitzung / Seite 102

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Wir wissen, nicht nur für die Schule, sondern auch für das Leben lernen wir. – Ein ge­flügelter Spruch, eine Aussage, die bereits seit Einführung der Schulpflicht durch Maria Theresia bekannt ist, wie ich meine, allgemein bekannt ist. Es stellt sich aber trotzdem die Frage: Bereitet die Schule tatsächlich auf das Leben vor, oder ist sie nur Selbst­zweck? Kann das Schulrechtspaket 2 die treffende, die passende Antwort auf den ersten Teil meiner zuerst gestellten Frage sein?

Die Ergebnisse der PISA-Studie sind, glaube ich, allgemein und österreichweit be­kannt. Die Reaktion darauf waren gewaltige Unruhe, teilweise Fassungslosigkeit, Schuldzuweisungen – die Adresse, das sage ich jetzt natürlich bewusst, die Lehrer, all­gemein gesehen, zum Teil auch Sie, muss ich sagen, Frau Minister.

Die Folge seitens des Gesetzgebers waren entsprechende Schnellschussaktionen. Die Ergebnisse der PISA-Studie müssen aber trotzdem differenziert betrachtet werden. Rund 15 Prozent der Schüler weisen Defizite auf – auch ein Ergebnis der Einspar- und Kürzungswelle der letzten Jahre auf Bundesebene im bildungspolitischen Bereich.

Dem Schulpaket 1 wurde, wie wir wissen, mit halbjährlichem Abstand das Schulrechts­paket 2 nachgeschoben. Sehr wohl ist das Ergebnis der PISA-Studie ein Signal, etwas zu tun, es wird aber, wie ich meine, bereits die nahe Zukunft zeigen, ob die Signale, die jetzt gesetzt werden, für die Zukunft richtig sind.

Ich möchte mich nun sozusagen auf die praktische Ebene des Schulrechtspakets 2 be­geben, und da einige Aspekte ansprechen.

Laut Erstentwurf sollte das freiwillige Wiederholen eingestellt werden. Nach dem nun vorliegenden Schulrechtspaket 2 bleibt es richtigerweise, wie ich meine, weiterhin mög­lich.

Die frühe Sprachförderung ist in der Volksschule im Ausmaß von elf Wochenstunden vorgesehen. Dafür werden, wie wir heute bereits gehört haben, zusätzlich 300 Dienst­posten vom Ministerium zur Verfügung gestellt.

Es stellt sich darüber hinaus aber die Frage – auch das wurde heute bereits angespro­chen –: Reichen diese 300 Dienstposten aus? Gibt es nach entsprechenden Bedarfs­erhebungen für die Zukunft eine Aufstockung dieses Kontingents mit Finanzierungs­garantie des Bundes, Frau Ministerin?

Weshalb kamen Sie, Frau Ministerin, der einstimmig verabschiedeten Resolution der Landeshauptleutekonferenz vom 4. November 2005 nach mehr Integrationslehrern bis dato nicht nach? Auch ich denke, dass die 300 zugesicherten Dienstposten nur ein erster Schritt in die richtige Richtung sein können, Bildungsbarrieren durch mangelnde Sprachkenntnis abzubauen, so einer späteren Arbeitslosigkeit vorzubeugen und dem Entstehen von Parallelgesellschaften hoffentlich rechtzeitig entgegenzutreten. Es gibt ja auch aus der jüngsten Vergangenheit entsprechende Beispiele dafür, auch in Europa.

Entsprechende Fördermaßnahmen muss es meiner Meinung nach in allen Schultypen geben, damit auch später eintretende Schüler, die der deutschen Sprache nicht ausrei­chend mächtig sind, bedarfsgerecht gefördert werden können. Die bestehenden Ange­bote in den Förderkursen beziehungsweise im Bereich „Deutsch für Ausländer“ reichen laut meiner Kenntnis der praktischen Situation nicht aus. Auch hier muss es eine Kos­tenübernahme seitens des Bundes für zusätzliche Stunden geben. Der Bund hat die Verpflichtung, sprachliche Integration auch im Mittelstufenbereich der 10- bis 14-Jähri­gen zu ermöglichen, Frau Ministerin.

Ich denke, es ist auch notwendig, möglichst rasch nach Schulbeginn zu einem geord­neten Unterrichtsablauf zu kommen. Einen unter Berücksichtigung aller pädagogischen


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