Bundesrat Stenographisches Protokoll 731. Sitzung / Seite 20

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Wir haben hier in Europa, gerade was das materielle Strafrecht anbelangt, ganz unter­schiedliche Systeme, und das materielle Strafrecht widerspiegelt ja immer wieder auch das Wertesystem in unserer Gesellschaft. Ein typisches Beispiel hierfür, das, glaube ich, auch jedem einleuchtet, sind zum Beispiel die Niederlande im Zusammenhang mit dem Drogenkonsum. Während die Bestimmungen bei uns – oder auch in Italien, wie ich jetzt aus den Medien vernommen habe – immer strenger werden, sind in den Nie­derlanden der Drogenkonsum und auch das Besitzen von Drogen relativ liberal ge­regelt. Wenn man jemanden, der bei uns wegen Drogenkonsums oder geringfügigen Drogenhandels eingesperrt wäre, danach in die Niederlande überstellen würde, wäre er dort nicht strafbar. – Sie sehen, es gibt einige Probleme in der Praxis, die einer Lösung bedürfen.

Wir hoffen aber doch, dass wir hier einen vernünftigen Kompromiss zustande bringen werden, allenfalls auch mit Ausnahmetatbeständen gerade für solche Fälle, sodass wir hier aber trotzdem eine Verbesserung auch im bürokratischen, im administrativen Ab­lauf erreichen werden können.

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Mayer, bitte.

 


Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Bundesministerin, auf Grund der umfassenden Beantwortung der Fragen meiner Vorredner erübrigt sich meine Zusatz­frage. Ich danke.

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Somit gelangen wir nun zur 7. Anfrage, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Wiesenegg, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Minister, meine Frage lautet:

1488/M-BR/2006

„Sehen Sie gerade in Ihrer Funktion als Justizministerin die schwerwiegenden Angriffe des Kärntner Landeshauptmannes auf den Verfassungsgerichtshof als ernsthafte Ge­fährdung des Rechtsstaates?“

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Nein. Ich möchte aber auch aus­führen, warum nicht. Ich muss dazu sagen, dass man hier unterscheiden muss: Ich als Justizministerin würde mir in keiner Weise jemals anmaßen, ein Gerichtsurteil auch nur zu kommentieren. Das ist eine unterschiedliche Position. Auf der anderen Seite ist es aber so, dass wir auch dessen gewahr sein müssen, dass Kritik, verbale Kritik auch an Gerichtsurteilen ein Teil des verfassungsmäßig garantierten Rechtes auf freie Mei­nungsäußerung ist. Das ist auch ein Teil unseres Rechtsstaates. – Das ist ein Punkt.

Auf der anderen Seite leben wir in einem Rechtsstaat, und wenn es Wertungsexzesse gibt, dann gibt es auch hier die Möglichkeiten des Strafrechtes, und es besteht für jeden, der sich durch diese Wertungsexzesse oder diese übermäßige Kritik in seinen Rechten beeinträchtigt fühlt, dann auch die Möglichkeit, den Weg zu Gericht zu be­schreiten und insbesondere das Strafgericht anzurufen.

Daher glaube ich, dass wir hier wirklich sehr sensibel sein müssen, gerade auch im politische Diskurs. Ich muss auch sagen, gerade auch im Lichte der derzeitigen Dis­kussionen um die Karikaturen und dieser fürchterlichen Auswirkungen, dieser Eskala­tion, die es jetzt in diesem Bereich gibt, müssen wir, glaube ich, darauf Rücksicht neh­men, dass es auch in Österreich das Recht auf Meinungsäußerung gibt und dass Kritik möglich sein muss (Bundesrat Gruber: Kritik ... – aber Handlungen zu setzen, das


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