Bundesrat Stenographisches Protokoll 731. Sitzung / Seite 70

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Nun, was Österreich betrifft, so habe ich gehört, Kollege Vilimsky trauert dem Schilling nach. Na gut, das mag schon sein, nur habe ich bei ihm die Vermutung – und damit, glaube ich aber, ist er der Einzige in diesem Saal –, dass er vielleicht noch eine andere Nostalgie hat; auf diese will ich aber nicht näher eingehen. (Bundesrätin Dr. Lichten­ecker: Meinen Sie die nach den Kronen?)

Als Nächstes: seine Feststellung, es gäbe nun die höchste Arbeitslosigkeit in der Zwei­ten Republik. – Er ist etwas jünger als ich, aber so jung ist er auch wieder nicht. Wenn er sich entsprechend mit den Statistiken auseinander gesetzt hätte, hätte er festge­stellt, dass in den vierziger und fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Arbeits­losigkeit sicher höher gewesen ist.

Wenn ich dann noch dieses Gewäsch über Großkonzerne, Kapitalisten und so weiter höre, dann denke ich mir: Ist er vielleicht auch ein nostalgischer Anhänger eines Sys­tems, das im Osten den Wind der Realität nicht überlebt hat? (Bundesrat Schennach: Das ist aber euer Koalitionspartner!) – Er nicht, bitte! (Bundesrat Schennach: Er nicht – er zufällig nicht!)

Nun komme ich zu meiner eigentlichen Rede, nämlich über das Bundesverfassungs­gesetz über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union.

Es ist etwas verwunderlich – auch für Juristen –, aber es ist eben notwendig, dass hier ein zweistufiges Verfahren durchgeführt wird, und es ist auch in den Reden im Natio­nalrat eindeutig der Hinweis gekommen, man möge doch prüfen, ob nicht in Zukunft ein einstufiges Verfahren stattfinden kann, damit das auch etwas schneller und präg­nanter ginge. Hiezu ist es aber notwendig, dass die Verfassung geändert wird; diese Änderung liegt jetzt in diversen Ausschüssen des Parlaments und wird sicher vor den Wahlen nicht mehr zu einem Abschluss geführt werden können.

Zu den rechtlichen Aspekten gehört auch – hier ist es notwendig, auf die Erläuterungen in der Regierungsvorlage zu verweisen –, dass die Übernahme des Gemeinschafts­rechtes eben nicht zur Gänze verfassungsändernd ist. In den Erläuterungen steht, dass „eine genaue Bezeichnung jener Teile des Beitrittsvertrages (einschließlich insbe­sondere des darin verwiesenen Unionsvertrages und EU-Sekundärrechts), welche ver­fassungsändernd sind, kaum möglich und eine verfassungsrechtliche Verankerung des gesamten Beitrittsvertrages äußerst unzweckmäßig wäre“. – Daher diese Vorgangs­weise, und, wie gesagt, mit dieser müssen wir zumindest jetzt, beim Beitritt von Rumä­nien und Bulgarien, noch leben.

Ich möchte aber auch ausdrücklich festhalten, dass sowohl im Verfassungsausschuss des Nationalrates als auch im Verfassungs- und Föderalismusausschuss des Bundes­rates diese Gesetzesmaterie mit Stimmeneinhelligkeit zur Annahme empfohlen worden ist.

Was bedeutet nun ein Beitritt dieser Länder für Österreich und für die EU? – Es ist zweifelsohne ein Schritt, der schon in gewissem Maße bedeutend ist, denn eigentlich hätten Rumänien und Bulgarien bei dem Beitritt, der mit 1.5.2004 erfolgt ist, dabei sein sollen; weil aber gewisse Mängel aufgetreten sind – sie sind von den Kollegen Einwall­ner, Ager, Schennach schon erwähnt worden –, konnte der Beitritt dieser Länder eben nicht mit dem Zehner-Paket verabschiedet werden, und daher diese zeitliche Verzöge­rung.

Diese Verzögerung hat dazu geführt, dass auf jeden Fall auf dem rechtsstaatlichen Sektor massive Verbesserungen eingetreten sind, dass eine Reform der Justiz stattge­funden hat – was das Ermittlungsverfahren betrifft, was die Staatsanwaltschaft betrifft, was die Richter angeht. Das Reformtempo in diesen Ländern wurde gesteigert, und die


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