Bundesrat Stenographisches Protokoll 731. Sitzung / Seite 82

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13.44.20

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich sagt einem allein ja schon der Hausverstand, dass man mit 6 € am Tag, wie dies bei den großen Trägern üblich war, nicht satt werden kann.

Ich habe vor kurzem ein ganz billiges Lokal am Naschmarkt gefunden; ein Mittagessen um 4 €. Da blieben dann 2 € übrig – das wäre vielleicht ein Kaffee aus einem Automa­ten und vielleicht noch eine belegte Semmel, also nicht unbedingt ausreichend, um sich einen ganzen Tag lang zu verpflegen.

Sie werden jetzt sagen, dass wir diesbezüglich ohnehin einer Meinung sind, dass ganz klar ist, dass das nicht reicht, aber trotzdem hat es den Verfassungsgerichtshof ge­braucht, um festzustellen, dass mehr als das Doppelte, nämlich 13,6 €, als Verpfle­gungsgeld auszuzahlen sind.

Bei der bisherigen Regelung war es im Prinzip so, dass der Zivildienst zu einer Art „ide­alistischer Luxuszeit“ geworden ist, die man sich selbst leisten können muss oder die sich die Eltern leisten können müssen. – Das war jedoch nicht Sinn der Sache! Man kann also sagen, es ist höchst an der Zeit für eine Änderung, und ich bin sehr froh dar­über, dass der Verfassungsgerichtshof diese Entscheidung getroffen hat.

Es ist eine österreichische Eigenheit, dass eine vom Verfassungsgerichtshof getroffene Entscheidung nicht, wie man das eigentlich erwarten würde, zur Folge hat, dass dieser Mangel sofort behoben und die Situation sofort bereinigt wird. Das kennen wir ja auch aus anderen Zusammenhängen.

Auch in diesem Fall sieht es also fast wieder so aus, als würde diese Frage ver­schleppt, diskutiert und mit – nicht den Tatsachen entsprechenden – Meldungen in die Länge gezogen. Und zumindest nach dem, was ich an Pressemeldungen zu diesem Thema durchgesehen habe, muss ich sagen: Der Einigung von Anfang Februar, die Sie erwähnt haben, dieser Meinung konnten sich offenbar nicht alle Trägerorganisatio­nen anschließen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sie sagen jetzt, dass das nicht geht – versuchen sollte man es schon, so unbedeutend, glaube ich, waren diese ... (Bundesrat Mag. Baier: Sie wollen eine rasche Lösung, und Sie wollen eine Lösung mit allen Trägerorganisationen!) – Sie wollen offenbar eine Lö­sung, wie sie jetzt gemacht werden soll, die dann aber auch nicht hält, weil nicht alle mitziehen, und das hat dann den gleichen Effekt. Sinnvoller wäre es, dass man vorher mit den Leuten redet. Aber dieses Problem von Ihrer Seite her haben wir in sehr vielen Fällen.

Dass Zivildiener einen sehr wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten, brauche ich, glaube ich, hier nicht extra auszuführen. Ich hoffe, dass beim Großteil hier im Saal diesbezüglich Einigkeit besteht. Es gibt jedenfalls eine ganze Reihe von Organisatio­nen, die ihre Arbeit nicht fortführen könnten, wenn es nicht die Arbeit von Zivildienern gäbe. Und abgesehen vom sozialen Bereich machen Zivildiener, zum Beispiel Juristen, juristische Beratung, leisten in Ausländerberatungseinrichtungen und so weiter Arbeit. Diese Arbeit und damit der Zivildienst darf, wie gesagt, kein idealistischer Luxus sein, den man sich einmal gönnt, weil man jung ist und Ideale hat, sondern das muss auch etwas sein, was einem finanziell nicht unbedingt zum Nachteil gereicht.

Es ist schon auffällig, dass in eigentlich allen Regelungen, die den Zivildienst und den Grundwehrdienst betreffen, die Zivildiener schlechter gestellt sind als die Grundwehr­diener. Zum Beispiel bei der Dauer – das ist ein ganz klarer Fall –: Die Dauer des Zivil­dienstes ist länger als der Dienst an der Waffe, wie es so schön heißt. Ich kann hinter dieser Regelung nur einen ideologischen Hintergrund sehen: Da wird eine Wertung vorgenommen, nämlich dass der Zivildienst – so wichtig er ist – von der Regierung viel-


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