Im Oktober 2005 gab es dann von Ihnen, Frau Ministerin, einen Gesetzentwurf, der jedoch mangelhaft war; dies haben die zahlreichen Stellungnahmen ausgedrückt. Danach hat sich das Innenministerium quergelegt, und daraufhin auch noch das Finanzministerium.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung, ist aber nicht das, was wir uns unter einem effektiven, starken und wirksamen Schutz vorstellen. Ein Hauptkritikpunkt ist, dass die Position des Opfers geschwächt wird und dass Stalking mittels Kommunikationsmitteln kein Offizialdelikt ist, sondern nur auf Antrag des Opfers verfolgt werden kann.
Es fehlt auch ein effektiver Schutz der betroffenen Personen. Eine Änderung im Sicherheitspolizeigesetz nach dem Beispiel des Wegweiserechts wäre notwendig. Ohne diesen Sofortschutz durch die Polizei ist es sehr schwierig, sich ohne rechtlichen Beistand gegen die Belästigung von Stalkern effektiv und kostengünstig zu wehren. Davon werden vor allem sozial schwächere Bevölkerungsschichten, und da, wie man aus praktischen Erfahrungen weiß, vor allem Frauen, betroffen sein.
Beim Frauennotruf der Stadt Wien ist jede zehnte Anruferin, die Hilfe sucht, ein Opfer von Stalking. 80 Prozent der Opfer sind Frauen, 90 Prozent der Täter sind Männer. 65 Prozent der Opfer kennen die Täter, 80 Prozent der weiblichen Stalking-Opfer werden durch ihre Ex-Partner gestalkt und haben in ihrer Beziehung bereits Gewalt erlebt.
70 Prozent der Stalking-Opfer sind so massiv davon betroffen, dass sie in ihrem weiteren sozialen Leben extrem eingeschränkt sind. Sie vermeiden soziale Kontakte, wechseln sehr oft ihren Wohnsitz, müssen oft den Arbeitsplatz wechseln oder verlieren ihn und haben Probleme in einer neuen Beziehung.
Ich glaube, dass diese Zahlen den dringenden Handlungsbedarf veranschaulichen. Meine Fraktion wird diesem Gesetz die Zustimmung geben, auch wenn wir nicht umfassend damit zufrieden sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
12.05
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.
12.05
Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Für mich als Frau ist es besonders schön, dass wir heute das Anti-Stalking-Gesetz beschließen, denn Stalking betrifft sowohl Männer als auch Frauen, jedoch sind mehrheitlich Frauen mit diesem Problem konfrontiert.
Europaweit haben bis heute nur vier Länder solche Schutzregelungen. Unsere Regierung hat jetzt erkannt, dass Stalking Psychoterror für die Opfer bedeutet, und daher dieses Gesetz zum Schutz der Betroffenen vorzüglich eingebracht. Da mein Kollege Schennach gesagt hat, das Glas ist ja nur halb voll oder halb leer, muss ich sagen: Bis jetzt war es ganz leer, und so ist es doch halb voll – auch schon eine schöne Sache!
Menschen, die beharrlich verfolgt werden, bekommen gesundheitliche Probleme wie Unruhe, Schlafstörungen, Depressionen und Ähnliches, was dann natürlich zur Folge hat, dass es vermehrt zu Krankenständen kommt und dass dies einen volkswirtschaftlichen Schaden nach sich zieht.
Die neuen Kommunikationstechniken wie Internet, E-Mail, Handys oder SMS sind neue Möglichkeiten, Stalking-Opfer noch beharrlicher unter Druck zu setzen. Durch dieses Gesetz haben Betroffene jetzt die Möglichkeit, ein strafrechtliches Verfahren einzuleiten beziehungsweise eine einstweilige Verfügung zu einem Kontaktverbot zu erwirken.
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