Bundesrat Stenographisches Protokoll 733. Sitzung / Seite 147

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18.04.03

Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wie Sie aus der Vorlage erkennen können, haben wir den vorliegenden Entschließungsantrag deshalb eingebracht, um der vorhin erwähnten Altersgruppe der Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr die Möglichkeit des Wählens auf Bundesebene zu gewähren, bereits ab der Nationalratswahl 2006. Das, wie ich meine, aus guten gesellschaftspolitischen, aber auch aus notwendigen demokratiepolitischen Gründen.

Ich möchte auch erwähnen, dass sehr viele Landtage das Wahlrecht bereits auf das vollendete 16. Lebensjahr bei Landtagswahlen herabgesetzt haben und sich keine poli­tische Gruppe, welche auch immer, davor fürchten muss. Die Herabsetzung des Wahl­rechtes ist in den einzelnen Bundesländern von der Bevölkerung positiv aufgenommen worden. Die Jugendlichen haben sehr wohl überlegt und sehr reif gehandelt. Es hat auch die Statistik gezeigt, dass das Wahlverhalten der Jugendlichen in Summe gese­hen nicht anders gewesen ist als das Wahlverhalten der Erwachsenen.

Jugendliche müssen, denke ich, schon deshalb das Wahlrecht erhalten, weil sie schon bis jetzt in der Gesellschaft, ob in der Schule oder am Arbeitsplatz, genug Rechte und Pflichten haben. Wenn ich das Wort „Schule“ in den Mund nehme, dann hat das nichts damit zu tun, dass ein Wahlkampf in der Schule geführt werden soll, dagegen ver­wahre ich mich entschieden. Die Rechte und Pflichten der Jugendlichen werden von ihnen sehr verantwortungsvoll wahrgenommen. Nur: Vom Wählen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr sind sie bis jetzt bei Bundeswahlen, sprich Nationalrats- und Bundes­präsidentenwahlen, ausgenommen, was meiner Meinung nach nicht in Ordnung ist.

Daher müssen die Jugendlichen in den politischen Entscheidungsprozess in Form der Zuerkennung des Wahlrechtes integriert werden. Dies sehe ich auch als einen wesent­lichen Beitrag dazu, in Zukunft ein spannungsfreies Zusammenleben zwischen den Generationen in unserem Lande zu ermöglichen und die Weiterentwicklung Öster­reichs in Richtung einer toleranten, solidarischen, aber auch offenen Gesellschaft dau­erhaft zu gewährleisten.

Zu den wichtigsten Lebensbereichen eines Jugendlichen gehört neben seiner Familie sein Arbeitsplatz, ob in der Schule oder als Arbeitnehmer in einem Betrieb. Jugendliche treffen bereits vor dem vollendeten 16. Lebensjahr wichtige Entscheidungen, die ihre Zukunft maßgeblich beeinflussen. Zum Beispiel müssen sie sich entscheiden, entwe­der eine weiterführende Schule zu besuchen oder ins Berufsleben einzusteigen. Für den Fall, dass sie ins Berufsleben einsteigen, ist es wichtig, dass sie den richtigen Be­ruf erwischen. In Zeiten wie diesen müssen sie das Glück haben, eine adäquate Lehr­stelle zu bekommen, was, wie wir alle wissen, bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 70 000 nicht so leicht ist. (Zwischenrufe der Bundesrätin Zwazl.)

Die Eigenverantwortung der Jugendlichen für die eigenen Entscheidungen hat in den letzten Jahren unzweifelhaft zugenommen. Dazu einige Beispiele: Das Jugendschutz­gesetz gewährt den Jugendlichen in den einzelnen Bundesländern auch mehr Freihei­ten, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Auch sind Lehrlinge bei Be­triebsratswahlen wahlberechtigt. In den Schulen wählen die Schüler selbstverständlich ihre Klassen- und Schulsprecher, sind im Schulgemeinschaftsausschuss und in der Schulpartnerschaft vertreten. Auch bei Arbeiterkammerwahlen sind, wie wir wissen, Ju­gendliche wahlberechtigt, und das ohne Altersgrenze.

Sehr wesentlich ist auch – das möchte ich betonen –, dass Jugendliche bereits ab dem 14. Lebensjahr strafmündig sind, bis jetzt aber bei Bundeswahlen nicht ab dem vollen­deten 16. Lebensjahr wählen dürfen.

 


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