Bundesrat Stenographisches Protokoll 734. Sitzung / Seite 83

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Der Ausschuss für Sportangelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 9. Mai 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den 19. Sportbericht 2003–2004 zur Kennt­nis zu nehmen.

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Mag. Erlitz. Ich erteile es ihm.

 


14.14.12

Bundesrat Mag. Wolfgang Erlitz (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Man könnte hier wirklich mit Fug und Recht behaupten, kein Nachteil ohne Vorteil. Der bedauerliche Vorfall von Turin wäh­rend der Olympischen Spiele hat zweierlei bewirkt: Einerseits hat man sich in Öster­reich seit damals intensiv mit der Dopingproblematik beschäftigt und auf der anderen Seite rasch auch ein Anti-Doping-Bundesgesetz zuwege gebracht.

Ebenso erfreulich ist, dass dieses Gesetzeswerk doch in einer offensichtlich sehr kon­sensualen Atmosphäre entstanden ist, und zwar unter Einbindung aller wesentlichen Sportverbände, und im Nationalrat auch einstimmig beschlossen werden konnte. Wenn dabei von einem Meilenstein in der Sportpolitik und einem sehr modernen, hervorra­genden Gesetz gesprochen wird, dann muss ich sagen: Ich kann mich diesen Lobprei­sungen sicherlich auch anschließen, möchte aber dennoch gerne einige kritische An­merkungen zum Sport insgesamt anfügen, denn ich meine, so hervorragend dieses Gesetz auch ausgefallen sein mag und ausgefallen ist, bekämpfen wir letztlich mit die­sem Werk doch nur ein Symptom, aber nicht das Wurzelwerk, das zu diesem funda­mentalen ethischen Dilemma des Sports führt, denn für schneller, höher, weiter schei­nen offensichtlich alle Mittel recht zu sein. Fragen nach Zweck und Sinn sind da zweit­rangig. Der Spitzensport ist zu einem Spektakel geworden, manche meinen, zu einem Spektakel verkommen.

Sport, das sind Geldranglisten, das ist Kampf um Millionen, das ist Big Business, das ist zunehmend tolerierte Rücksichtslosigkeit, das ist Existenzkampf, Entertainment und Zirkus, und zwar in einem Raum mit immer weniger moralischen Wertvorstellungen. Es wäre auch, glaube ich, in diesem Zusammenhang illusorisch, zu glauben, die Wirt­schaft jetzt als Sponsor des Sportes könne und werde sich gegenüber prinzipienlosen Funktionären oder in einem zum Showbusiness mutierenden Sport als Ordnungsfaktor erweisen. Für Konzerne, die einander im Wettbewerb gegenüberstehen und sich letzt­lich allein ihrem wirtschaftlichen Nutzen verpflichtet fühlen, ist solidarisches Handeln im Interesse moralischer Werte zumindest schwer vorstellbar. Das heißt aber, der Sport selbst beziehungsweise die ihn in allen Instanzen repräsentierenden Organisationen müssen ihre Prinzipien hegen, pflegen und verteidigen, denn sonst gehen auch das beste Gesetz und die beste Absicht ins Leere.

Der elementarste Verstoß gegen alle Prinzipien des Sports ist eben wohl das Doping. Dahinter steht in unverhüllter Weise die Maxime – frei nach Brecht –: Zuerst kommt das Siegen, also das Geldverdienen, dann die Moral. Doping, das heißt Betrug, das heißt Diebstahl, das heißt Bereicherung auf Kosten anderer – also alles Handlungen, die in anderen gesellschaftlichen Segmenten selbstverständlich dem Strafrecht unter­liegen.

Die größte Triebfeder für aktives Doping, also mit Wissen des Athleten durchgeführtes Doping, ist einfach der enorme Leistungsdruck, der hinter dem Sportler steht, und zwar dadurch, dass eben bei internationalen oder nationalen Wettbewerben quasi nur noch diejenigen beachtet werden, die auf dem Podest, also auf dem Stockerl stehen, denn nur diese Athleten bekommen Medaillen, Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit und Sponsorenverträge. Niederlagen werden grundsätzlich zu Pleiten und Blamagen. An­ständige Verlierer erwartet nicht mehr Respekt, sondern sehr oft auch Häme.

 


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