Bundesrat Stenographisches Protokoll 734. Sitzung / Seite 109

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Die geschätzte Anzahl in ganz Österreich wird mit über 1 Million Briefkästen in den Wohnanlagen angegeben. Die Kosten dafür werden auf zirka 100 Millionen € ge­schätzt.

Meine Damen und Herren! Die erste Gruppe der Geschädigten sind jene Hauseigen­tümerinnen und Hauseigentümer, die in vorauseilendem Gehorsam auf ihre eigenen Kosten oder auf Kosten der Mieter die Postkästen schon ausgewechselt haben.

Allein die im Gesetz vorgesehene Umsetzungsfrist bis 30. Juni 2006 war zu knapp be­messen – die EU-Richtlinie sah eine Frist bis 2009 vor. Dies erkannte auch der Verfas­sungsgerichtshof und hob diese Bestimmungen auf. Die österreichische Bundesregie­rung hatte es da ganz eilig. Ich weiß nicht, wollten da einige schnelles und gutes Geld machen? – Es wäre aber nicht notwendig gewesen, eine so kurze Frist zu setzen.

Die Verpflichtung der Gebäudeeigentümer zum Auswechseln oder Errichten von Haus­briefanlagen wurde als verfassungswidrig aufgehoben. Eine solche Verpflichtung stellt einen Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Eigentumsrecht dar. Laut Verfas­sungsgerichtshof wäre ein solcher Eingriff nur dann gerechtfertigt, wenn dies im öffent­lichen Interesse gelegen wäre. Das öffentliche Interesse kann jedoch vom VfGH nicht gesehen werden, sondern nur das Interesse von teilweise konkurrierenden Anbietern von Postdienstleistungen.

Die Bundesregierung hat sich im Verfahren beim VfGH mit so genannten Vorgaben der EU – ich würde salopp sagen – eine Ausrede gesucht. Allein das bisher Erläuterte ist schon Grund genug für eine Dringliche Anfrage an den zuständigen Bundesminister. Geschätzte Damen und Herren! Ich komme aber nun zu einer weiteren Gruppe von Geschädigten, nämlich zur österreichischen Wirtschaft.

Die österreichische Bundesregierung schädigt mit diesem Husch-Pfusch-Gesetz die österreichische Wirtschaft. In der Branche bekannte Unternehmen haben sich im Ver­trauen auf die Postgesetznovellen 2003 und 2005 auf die Umrüstung eingestellt und zum Beispiel auch Mitarbeiter aufgenommen. Es ist laut Branchenauskunft davon aus­zugehen, dass es mit dem VfGH-Urteil zu einem Abbau von 200 Arbeitsplätzen ge­kommen ist beziehungsweise kommen wird.

Ein Beispiel aus meiner Region: Ein junger, innovativer Unternehmer hat aus Anlass dieses Gesetzes eine Firma gegründet. Mit seinen Mitarbeitern entwickelt er ein öster­reichisches Produkt aus österreichischen Materialien. Zehn neue Arbeitsplätze wurden in Vertrieb und Montage geschaffen. Für die Produktion wurde eine Partnerfirma auch aus der Region gefunden. Diese Firma investierte wiederum 100 000 € in eine neue Fertigungsmaschine, um gegen Billigprodukte aus den osteuropäischen Ländern kon­kurrenzfähig zu sein. In dieser Firma wurden wiederum zehn weitere Arbeitsplätze da­mit geschaffen.

Weil sich niemand auf die verfassungsmäßige Haltbarkeit – Gesetze haben eine kurze Ablaufdauer – verlassen kann, sind auch diese Arbeitsplätze gefährdet. Diese Bundes­regierung bringt mit Husch-Pfusch-Gesetzen Firmen in Insolvenzgefahr oder treibt sie in den Konkurs. Ist das die Initiative für die KMUs? – Diese Frage stellen wir uns selbst. Das war die zweite Gruppe der Geschädigten.

Nun zur dritten Gruppe, jenen 200 Menschen, die ihren Arbeitsplatz jetzt verlieren oder schon verloren haben. Das sind mit den betroffenen Familienangehörigen zirka 500 Personen, die jetzt in Existenzangst leben oder von der Arbeitslosigkeit bedroht sind. Geschätzte Damen und Herren! Der volkswirtschaftliche Schaden lässt sich noch nicht abschätzen.

 


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