Bundesrat Stenographisches Protokoll 734. Sitzung / Seite 121

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


16.54.36

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich habe mich gleich jetzt zu Wort gemeldet, da Herr Bundesrat Konecny einige Punkte angeschnitten hat, die richtig gestellt werden müs­sen. (Bundesrat Konecny: Bitte!)

Herr Bundesrat Konecny hat den Zeitpunkt kritisiert, hat gesagt, dass sich die Bundes­regierung zu spät eingeschaltet habe. – Es hat bitte schon Tage vor dem 1. Mai 2006 laufend Kontakte mit der BAWAG-Führung, mit dem BAWAG-Vorstand beziehungs­weise der ÖGB-Führung gegeben, ab wann die Hilfe gelten soll. Die BAWAG-Führung selbst hat gesagt, es wäre vorteilhaft – das wäre es auch gewesen, leider konnte das nicht erreicht werden –, dass vor einer staatlichen Hilfe erst mit den Refco-Aktionären und Refco-Gläubigern eine Vereinbarung geschlossen wird, denn wenn der Staat ein­springt, schaut das dann anders aus.

Daher ist der Vorwurf, die Regierung hätte sich zu spät eingeschaltet, absolut falsch! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

Wir wissen, dass es bis heute bei der BAWAG noch keinen Abschluss gibt – und na­türlich ist es so, dass bei amerikanischen Rechtsanwälten, wenn sie sehen, dass der Staat da dabei ist, deren Phantasie geradezu beflügelt wird. Die Hilfe des Staates, eine Haftungsübernahme war deshalb notwendig, weil die BAWAG keine Bilanz mehr hätte erstellen können. Die große BAWAG hätte keine Bilanz mehr erstellen können! – Das dazu, weil ja immer wieder gesagt wurde, das war ein Sündenfall im Jahre 2001 und seither sei diese Bank wieder auf gutem Fuße. – Mitnichten ist dem so! Von einer sa­nierten Bank kann da überhaupt keine Rede sein!

Ich habe gerade am Handy die Meldung bekommen, um wie viel eine andere Bank, nämlich die Bank Austria, gerade wieder ihre Gewinne erhöht hat. (Bundesrat Ko­necny: Aber die Meldung über die Verluste der Hypo Alpe-Adria haben Sie auch be­kommen!) In einem solchen Umfeld, in dem andere Banken Rekordgewinne machen, ist die BAWAG praktisch fast zahlungsunfähig! Und wieso? – Es war nicht die allgemei­ne wirtschaftliche Lage, es sind auch nicht Großkreditnehmer sozusagen umgefallen, sondern der Grund ist einzig und allein der, dass seitens der BAWAG Hochrisikoge­schäfte in der Karibik getätigt wurden – und das noch dazu jahrelang.

Da gilt es schon, einiges zu durchleuchten und sich näher damit zu befassen, so etwa: Wann wurden diese Geschäfte wieder aufgenommen? – Mitte der neunziger Jahre. „Zufälligerweise“ hieß zu dieser Zeit der BAWAG-Aufsichtsratsvorsitzende Herbert Tumpel, also der heutige AK-Präsident. (Bundesrat Bieringer: „Der gehört der ÖVP an“!) Unter diesem wurden seitens der BAWAG, und zwar im Jahre 1996, die Hochrisi­kogeschäfte wieder aufgenommen.

Als besonders merkwürdig muss man es schon bezeichnen, dass unter sozialdemokra­tischen Finanzministern – und das jahrelang – keine Bankprüfung bei der BAWAG durchgeführt wurde (Ruf bei der ÖVP: Da schau her!), obwohl man seitens der Ban­kenprüfer hätte wissen müssen – es saß ja dort auch ein Staatskommissär (Bundesrat Kraml: Jetzt kommen wir schön langsam ins Eck!) –, dass solche Geschäfte von der BAWAG wieder aufgenommen worden sind. Offensichtlich ist dort vieles am Aufsichts­rat vorbei gemacht worden, wurden also damals wieder diese riskanten Geschäfte auf­genommen – und es erfolgte keine Bankprüfung. Und was dazu kommt: Die Bankprü­fung wurde personell weiter ausgehungert, statt diese aufzustocken. Zu dieser Zeit gab es hiefür nur mehr 30 Beamte!

 


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